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Über Start-ups in der Kölner Gaming-Branche

Interview mit Felix Falk

by Redaktion

Felix Falk ist seit 2018 Geschäftsführer des game – Verband der deutschen Gamesbranche. Er ist die Interessenvertretung der Games-Branche in Deutschland. Zuvor war er Geschäftsführer der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK). Als Meinungsmacher im Game-Bereich, Experte und Branchenkenner erläutert er uns die besondere Lage der Start-ups und auch Großunternehmen in Köln im Bereich Videospielindustrie.

DIEWIRTSCHAFT: Köln ist auch durch die Gamescom, das weltweit größte Event für Computer- und Videospiele, ein Zentrum für die Spielewelt. Es gibt eine Unternehmerszene in der Stadt. In den letzten Jahren profitierten Start-ups in der Kölner Gaming-Branche von staatlichen Förderungen. Wie sehen Sie die Entwicklungen?

Felix Falk: Köln gehört zu den wichtigsten und lebendigsten Games-Standorten in Deutschland. Hier sind über 70 Unternehmen der Games-Branche, wichtige Initiativen wie die esports player foundation ebenso zu Hause wie Bildungseinrichtungen, internationale Branchengrößen wie Electronic Arts oder Esport-Veranstalter ESL Gaming genauso wie viele kleine Games-Studios und Start-ups. Zusammen mit dem weltweit größten und wichtigsten Games-Event gamescom sowie anderen international bedeutsamen Veranstaltungen wie dem Esport-Turnier Intel Extreme Masters bildet sich so in Köln das gesamte Games-Ökosystem gut ab. Der Erfolg des Standorts liegt nicht zuletzt auch an der starken Unterstützung durch das Land Nordrhein-Westfalen, das sich in vielen Games-Themen engagiert und die Rahmenbedingungen für die einheimischen Games-Unternehmen konsequent ausbaut. Das schafft sehr gute Voraussetzungen für die Branche vor Ort und für eine starke Games-Entwicklung auch in Zukunft.

DIEWIRTSCHAFT: Warum ist Köln noch ein guter Standort für die Gaming-Start-up-Szene?

Felix Falk: Um erfolgreich zu sein, brauchen gerade junge Games-Unternehmen ein gut funktionierendes Ökosystem und passende, verlässliche Standortbedingungen – national wie regional. Hier punktet die Stadt Köln mit einem bereits sehr umfassenden Angebot, beginnend mit der politischen Unterstützung und der Games-Förderung durch die Film und Medienstiftung NRW über renommierte Bildungsangebote wie das des Cologne Game Lab der TH Köln, SAE Institute Köln oder der School of Games bis hin zu beratenden Wirtschaftsinitiativen wie KölnBusiness. Von großem Vorteil ist für junge Unternehmen natürlich auch, dass gamescom sowie devcom, eine der international bedeutendsten Entwicklerkonferenzen, in Köln beheimatet sind und es damit gleich in der eigenen Stadt hervorragende Plattformen zum Austausch, zu Investorengesprächen und zur Bewerbung der eigenen Spieleentwicklungen und Projekte gibt.

DIEWIRTSCHAFT: Der game-Verband ist Mitveranstalter der Gamescom. Was wird für Start-ups auf der Messe getan?

game-Geschäftsführer Felix Falk

Felix Falk: Junge Games-Unternehmen sind für die gamescom enorm wichtig. Häufig sind das kleinere Indie-Studios, die herausragende und inspirierende Projekte mitbringen und deren Spiele zu den beliebtesten auf der gamescom gehören. Viele dieser Studios und ihre Games werden erst auf der gamescom entdeckt – sei es von Publishern und Investoren, den Gamerinnen und Gamern oder den Medien. Daher bieten wir auch jungen und kleineren Entwicklern eine gute Sichtbarkeit und ausreichende Vernetzungsmöglichkeiten. So gibt es für sie zum Beispiel mit der gamescom indie area einen eigenen Ausstellungsbereich zu vergünstigten Konditionen mit zusätzlichen Services wie einer kostenfreien Business-Lounge. Die indie area ist mittlerweile auch einer der am stärksten besuchten Bereiche auf der gamescom und wächst Jahr für Jahr weiter, was einmal mehr für die dort ausgestellten Games spricht. Auch die devcom Developer Conference, die unmittelbar vor der gamescom stattfindet, bietet für junge Unternehmerinnen und Unternehmen spannende Möglichkeiten, sich zu vernetzen, weiterzubilden und zu präsentieren – etwa mit Ausstellungsformaten wie der NRW Indie Showcase oder vielfältigen Networking-Events.

DIEWIRTSCHAFT: Welche Neuerungen oder Veränderungen können wir für die Gamescom 2024 erwarten?

Felix Falk: Die Planungen für die gamescom 2024 laufen bereits auf Hochtouren, jedoch kann ich zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht viel verraten. Es steht auf jeden Fall fest: Zusammen mit unserem langjährigen und starken Partner, der Koelnmesse, bauen wir die bereits etablierten und reichweitenstarken gamescom-Formate und -Angebote kontinuierlich aus, sodass die gamescom auch in diesem Jahr zu den absoluten Highlights von Games-Unternehmen und -Community gleichermaßen gehören wird. Über eine Neuigkeit rund um die gamescom dürfen wir uns zusammen mit zahlreichen Games-Fans allerdings bereits im Frühjahr freuen, denn vom 15. bis 17. März findet in Köln die allererste Ausgabe der gamescom LAN statt – ein neues gamescom-Format, das eine klassische LAN-Party auf dem Kölner Messegelände mit einigen der bekanntesten deutschen Gaming-Content-Creator vereint. Die internationale Strahlkraft der gamescom verlängern wir in diesem Jahr zudem erstmalig auch nach Südamerika mit dem neuen Satelliten-Event gamescom latam, bei dem sowohl Fachbesuchende als auch Fans Ende Juni in São Paulo, Brasilien Teil des größten Games-Festivals Lateinamerikas sein werden.

DIEWIRTSCHAFT: Inwiefern profitieren die GamerInnen von der Gaming-Start-up-Szene?

Felix Falk: Großartige Spiele werden sowohl von international bekannten großen Games-Unternehmen entwickelt als auch von neu gegründeten kleineren Entwicklungsstudios. In der Tat sind einige der weltweit beliebtesten Games zu ihrer Zeit in jungen Studios entstanden, man denke zum Beispiel an den Klassiker „Minecraft“. Die Entwicklerinnen und Entwickler stecken quasi ihr ganzes Herzblut in die Projekte. Oft setzen diese die Spiele um, die sie selbst schon als Spielende verwirklicht sehen wollten – häufig mit noch ganz neuen Ideen. Das macht solche Spiele ganz besonders. Nicht ohne Grund sind zahlreiche kleinere Projekte aus dem Indie-Bereich echte Spielschätze, die von den Fans gefeiert und sogar in einigen Fällen über Crowdfunding-Projekte mitunterstützt werden. Letztendlich profitieren auch die Fans von diesem hohen Maß an Kreativität und Hingabe hinter den Spielen, denn so genießen sie einzigartige und vielfältige Games.

DIEWIRTSCHAFT: Sollte man mit dem Berufsziel Gaming-Branche nach Köln kommen?

Felix Falk: Die Games-Branche in Köln beschäftigt über 1.000 Mitarbeitende und durch das starke Netzwerk aus Games-Unternehmen und -Institutionen ist Köln sicherlich ein guter Ort für die ersten oder weiteren Karriereschritte im Games-Bereich. Auch ist der hiesige Games-Markt einer der umsatzstärksten Teilmärkte der Kölner Kreativwirtschaft. Die Stadt und das Bundesland Nordrhein-Westfalen bieten damit insgesamt sehr gute Perspektiven für Berufseinsteigerinnen und -einsteiger wie auch für erfahrene Fachkräfte.

DIEWIRTSCHAFT: Wie sehen Sie Köln als Gaming-Standort im Vergleich zu ganz Deutschland?

Felix Falk: Durch die sehr guten Rahmenbedingungen auf regionaler Ebene hat die Kölner Games-Branche tatsächlich einen Vorsprung vor vielen anderen Games-Standorten in Deutschland. Hier machen sich Politik und Institutionen gleichermaßen stark für die Weiterentwicklung des Standortes. Das Einzigartige an Köln ist, dass durch die gamescom einmal im Jahr die ganze Games-Welt auf die Stadt und dadurch auch Deutschland schaut. Und auch hier wird vieles – etwa das gamescom Festival, die devcom oder der gamescom congress – erst durch die wichtige Unterstützung der Stadt Köln und des Landes NRW möglich. Das starke Engagement in Köln zeigt sich auch, wenn wir auf Teilbereiche wie den Esport schauen: Mit dem Turnier IEM Cologne, das jährlich Zehntausende Esport-Zuschauende in die LANXESS arena zieht, oder der weltweit einmaligen Esport-Nachwuchsförderung der esports player foundation ist Köln auch für den Esport einer der wichtigsten Standorte in Deutschland und weltweit geworden.

DIEWIRTSCHAFT: Wo sehen Sie Deutschlands Gaming-Szene aktuell im internationalen Vergleich?

Felix Falk: Der deutsche Games-Markt ist einer der umsatzstärksten überhaupt: In Europa sind wir auf Platz 1 und weltweit auf Platz 5. Allein 2022 wurden mit Games hierzulande knapp 10 Milliarden Euro umgesetzt. Leider entfällt noch immer nur ein Bruchteil dieses Umsatzes auf Produktionen aus Deutschland. Die Einführung der bundesweiten Games-Förderung 2020 war ein erster wichtiger Schritt, um endlich eine Aufholjagd zu den erfolgreichen Games-Standorten wie Frankreich, Großbritannien oder Kanada zu starten. Die ersten positiven Effekte der Förderung wurden zum einen durch die stark gestiegene Anzahl der Games-Unternehmen und -Beschäftigten sichtbar – das waren 46 beziehungsweise 19 Prozent in den vergangenen drei Jahren. Auch eine vor Kurzem veröffentlichte Evaluation durch das Bundeswirtschaftsministerium, das für Games zuständig ist, zeigte nochmals deutlich, dass die Förderung wirkt und eine starke Dynamik am deutschen Games-Standort ausgelöst hat. Allerdings ist das Förderprogramm so erfolgreich, dass die jährlich zur Verfügung gestellten Fördermittel aufgrund der starken Nachfrage immer wieder ausgeschöpft waren. Auch aktuell gilt seit Mai 2023 abermals ein Förderantragsstopp. Dieses Hin und Her bei der Games-Förderung führte in den vergangenen Monaten zu großen Unsicherheiten für zahlreiche Games-Unternehmen hierzulande. Abermals hinkt so der deutsche Games-Standort beim internationalen Wettbewerb deutlich hinterher. Aktuell fehlt es also wieder an Planbarkeit und zuverlässigen Rahmenbedingungen, jedoch nur mit diesen kann der deutsche Games-Standort international nachhaltig erfolgreich sein.

DIEWIRTSCHAFT: Was tut die Politik aus Ihrer Sicht aktuell für die Spielebranche?

Felix Falk: In den vergangenen Jahren und insbesondere seit Einführung der Games-Förderung des Bundes hat die deutsche Games-Branche eine breite politische Unterstützung – national wie auch durch die einzelnen Bundesländer – erfahren. Endlich hat die Politik auch hierzulande die enormen Potenziale von Games als wichtigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Faktor am Digital- und Wirtschaftsstandort Deutschland erkannt. Und das zeigte bereits erste Resultate. Am wichtigsten ist es aktuell daher, dass planbare, international vergleichbare und konsistente Bedingungen für die Spieleentwicklung in Deutschland geschaffen werden. Ein positives politisches Signal haben wir im November erhalten, als die Mittel für die Games-Förderung im Haushaltsentwurf für 2024 um zusätzliche 33 Millionen Euro pro Jahr erhöht wurden. Aber so positiv diese Entscheidung der Bundesregierung angesichts der schwierigen Haushaltslage ist, so viele offene Fragen verbinden sich damit. So sind die zusätzlichen Fördermittel nicht wie bisher im eigentlich zuständigen Bundeswirtschaftsministerium, sondern erstmalig bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth, angesiedelt. Es muss daher möglichst schnell geklärt werden, wie und wann die deutschen Games-Unternehmen von diesem neuen Förderbudget profitieren können. Es bedarf dabei einer engen Abstimmung zwischen dem Haus von Claudia Roth, dem BMWK und der Games-Branche. Hier ist vor allem eine konsistente Games-Politik gefragt, die wieder für international vergleichbare Bedingungen sorgt.

DIEWIRTSCHAFT: Auf welche Ziele arbeitet der game-Verband als Interessenvertreter der Game-Branche aktuell besonders hin?

Felix Falk: Kurzfristig geht es vor allem darum, gemeinsam mit der Politik die offenen Fragen rund um die neuen Fördermittel zu klären. Weiterhin werden wir auch in diesem Jahr gemeinsam mit Games-Unternehmen und der Politik an der Weiterentwicklung der Förderbedingungen arbeiten: Denn es braucht zum einen ausreichend Mittel, deren Höhe sich am tatsächlichen Bedarf der Spieleentwicklung orientiert. Um endlich dauerhaft die im internationalen Wettbewerb benötigte Planungssicherheit zu ermöglichen, bedarf es außerdem mittelfristig zusätzlich einer steuerlichen Games-Förderung, wie sie an nahezu allen erfolgreichen Games-Standorten längst Standard ist. Die Games-Förderung steht in den Ländern mit steuerlichen Fördermodellen dauerhaft zu Verfügung und ist damit zuverlässiger, planbarer und begünstigt wichtige Investitionen aus dem In- und Ausland. Wenn wir mit unseren Games-Entwicklungen international eine größere Rolle spielen wollen, muss auch hier ein solches stabiles Fördermodell etabliert werden. Außerdem beschäftigen wir uns intensiv mit Themen wie der Verbesserung der Fachkräfte-Situation in der Branche oder den Rahmenbedingungen für Esport in Deutschland. Langfristig arbeiten wir damit auf das gemeinsame Ziel hin, Deutschland zum Herzen der Games-Welt zu machen.

(Karoline Sielski)

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe DIE WIRTSCHAFT 01 / 2024

Bildquellen

  • Felix Falk: Dirk Mathesius
  • Gamescom: Alex Weis

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