Wenn plötzlich einseitige Hörprobleme oder kurze, stechende Schmerzen im Ohr auftreten, dann können dies Anzeichen für eine Verletzung des Trommelfells sein. Auch Mittelohrentzündungen können zu einer Trommelfellverletzung führen, wenn sich Druck durch die Flüssigkeitsansammlung im Mittelohr aufbaut und diese gegen das Trommelfell drückt. In vielen Fällen ist ein Trommelfellriss nicht schlimm und führt, wenn überhaupt, nur zu leichten Beschwerden. Ist eine schmerzhafte Mittelohrentzündung der Grund für den Trommelfellriss, dann kann es sogar sein, dass die Betroffenen durch die Perforation eine Schmerzlinderung erfahren.
Was ist das Trommelfell?
Unser Trommelfell ist eine sehr dünne elastische Membran, die zwischen dem äußeren Gehörgang und dem nicht sichtbaren Mittelohr sitzt. Es hat einen Durchmesser von ungefähr einem Zentimeter und eine Stärke von einem Zehntelmillimeter. Das Trommelfell schützt das Ohr vor äußeren Einflüssen, verhindert also, dass Fremdkörper oder Bakterien in das Innere des Ohrs gelangen. Aber das Trommelfell leistet noch mehr. Es fängt die von außen kommenden Schallwellen auf und wird durch die Schallwellen in Schwingung versetzt. Diese Schwingungen leitet das Trommelfell über die Gehörknöchelchen des Mittelohres an das Innenohr weiter. Dort werden die Signale in Nervenimpulse umgesetzt, die das Hirn verarbeitet: Wir hören Geräusche und Töne.
Wenn das Trommelfell gerissen oder geplatzt ist, wird die Weitergabe der Schallwellen beeinträchtigt. Die Folge ist ein schlechteres Hören auf der betroffenen Seite. Auch wenn eine Trommelfellverletzung meistens nur auf einer Seite entsteht, ist auch eine beidseitige Verletzung möglich. Unterschieden werden bei den Verletzungen die direkten und die indirekten Verletzungen.
Unter direkten Verletzungen werden Schädigungen durch eine direkte Einwirkung auf das Trommelfell verstanden, also beispielsweise durch Fremdkörper wie Wattestäbchen, Nadeln oder umherfliegende Splitter.
Die indirekten Verletzungen entstehen meist durch die plötzliche und heftige Änderung des Drucks, beispielsweise durch Explosionen, Tauchen ohne Druckausgleich, Fliegen oder einen heftigen Schlag auf das Ohr. Eine der häufigsten Ursachen ist die Mittelohrentzündung. Bei einer Mittelohrentzündung sammelt sich die Flüssigkeit im Mittelohr an. Der Druck kann eine Perforation hervorrufen. Auch eine schwere Kopfverletzung, wie etwa ein Schädelbruch, kann das Innen- und Mittelohr mit dem Trommelfell betreffen.
Symptome
Eine akute Trommelfellverletzung zeigt sich mit einem kurzen stechenden Ohrenschmerz, Schwerhörigkeit und manchmal einer leichten Blutung aus dem Gehörgang. Die meisten Trommelfellverletzungen heilen innerhalb weniger Tage von selbst aus. Da aber die Membran, die das Mittelohr schützt, nicht mehr dicht ist, sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass das Ohr trocken und sauber gehalten wird. Um den Eintritt von Keimen ins Ohr so gut wie möglich zu verhindern, sollte man bei einem Loch im Ohr jeglichen Wassersport meiden. Reisen mit dem Flugzeug steht nichts im Wege, da der Druckausgleich beim Start und bei der Landung auch mit einem verletzten Trommelfell funktioniert.
Liegt eine Ohrenentzündung vor, dann läuft vielfach Flüssigkeit aus dem inneren Ohr nach außen. Dauert dies länger als ein paar Tage, ist eine zusätzliche Behandlung mit Ohrentropfen oder Medikamenten angeraten. Ist die Infektion abgeklungen, dann heilt die Perforation im Trommelfell meist innerhalb kurzer Zeit von selbst.
Die Kinder
Bei Kindern entsteht die Perforation des Trommelfells häufig als Komplikation der Mittelohrentzündung, die zu einer Eiterbildung im Mittelohr führen kann. Diese Eiteransammlung kann einen zunehmenden Druck auf das Trommelfell ausüben, der in schweren Fällen zu einem Riss des Trommelfells führen kann. Bei Kindern besteht auch die Gefahr, dass zufällig und unbedacht Gegenstände oder Fremdkörper in das Ohr gelangen und zu einer Verletzung führen. Gerade bei Kindern ist es wichtig, auf mögliche Alarmsignale zu achten. Diese können sein: sehr hohes Fieber, Geleichgewichtsstörungen und Schwindelgefühl, ständiges Reiben des Ohrs, vermindertes Hörvermögen, summende Geräusche im Ohr (Tinnitus).
Viele Verletzungen heilen von selbst
Auch wenn die Verletzung des Trommelfells in sehr vielen Fällen von selbst heilt, sollte der Heilungsprozess sorgfältig beobachtet werden. Heilt die Verletzung innerhalb von drei Monaten nicht, obwohl keine Infektion vorliegt, so sollte eine Trommelfelloperation in Betracht gezogen werden. Ebenso ist dies der Fall, wenn das Loch im Trommelfell eine bestimmte Größe hat, weil in diesem Fall eine Heilung kaum zu erwarten ist. Auch die Lage der Verletzung spielt eine Rolle, so heilen Löcher, die sich am Rand des Trommelfells befinden, meist nicht so gut wie Perforationen, die sich mittig im Trommelfell befinden. Liegt eine Randverletzung vor, dann besteht zudem die Gefahr, dass die Haut aus dem Gehörgang in das Mittelohr einwächst und dort die empfindlichen Gehörknochen stört. Auch weitere Infektionen können hierdurch ausgelöst werden. Bestehen derart große Schäden am Trommelfell und an den Gehörknöchelchen, dann heilt der Schaden nicht von selbst. Mehr noch, es ist mit einer lebenslangen, starken Verminderung des Gehörs zu rechnen. Die einzige Möglichkeit, den Gehörsinn nicht zu verlieren, ist eine Operation. Unvermeidlich ist eine Operation auch dann, wenn eine Entzündung auf das Gleichgewichtsorgan oder die Hirnhäute übergreift. Die Entscheidung für eine Operation hängt jedoch immer von mehreren Faktoren ab. So spielt das Alter des Patienten eine Rolle, die Frage, ob in der Vergangenheit bereits Infektionen vorlagen, ob es andere Ohrprobleme gibt, und natürlich auch der Grad des Hörverlusts.
Trommelfell-Operation
Liegt eine Schädigung des Trommelfells vor, die nicht von selbst heilt, stehen je nach Ausmaß der Verletzung mehrere Operationsverfahren zur Verfügung. Die einfachste Methode ist die Myringoplastik. Hierbei wird körpereigenes Gewebe (Muskelhaut, Knorpelhaut oder Knorpelgewebe) in das Trommelfell integriert und die Perforation auf diese Weise vorübergehend verschlossen. Durch diesen Eingriff wird der natürliche Heilungsprozess unterstützt. Zur Förderung des Heilungsprozesses werden der Gehörgang und das Trommelfell tamponiert. Hierbei werden kleine Silikonfolien und mit Antibiotika getränkte Schwämmchen in den Gehörgang eingebracht und dort in der Regel für drei Wochen belassen. Allerdings eignet sich das Verfahren nur bei kleinen Löchern, die sich in der Mitte des Trommelfells befinden.
Bei größeren Schäden am Trommelfell oder in Fällen, bei denen die Gehörknöchelchen geschädigt sind, wird eine Tympanoplastik vorgenommen, also ein chirurgischer Wiederaufbau des Trommelfells und ggf. der Gehörknöchelchenkette. Dabei werden diese Strukturen über einen Schnitt hinter der Ohrmuschel oder am Gehörgangseingang freigelegt und die krankhaften Veränderungen behoben. Manchmal ist es dafür notwendig, kleine Knorpeltransplantate aus dem Ohrmuschelknorpel zu verwenden, die über denselben Schnitt gewonnen werden. Zu einer sichtbaren Veränderung der Ohrmuschel kommt es dabei nicht. Sind die winzigen Knochen der Gehörknöchelchen-Kette in der Paukenhöhle durch z. B. eine dauerhafte Entzündung zerstört, dann kann die Implantation einer Titanprothese zur Rekonstruktion der Gehörknöchelchenkette notwendig werden.
Auch bei dieser Operation wird am Ende der Operation ein Folienverband in den Gehörgang eingelegt, um die Abheilung zu unterstützen und Verwachsungen vorzubeugen. Der Hautverschluss erfolgt mit Nähten, die nach sieben bis zehn Tagen gezogen werden. Auch der Folienverband wird nach drei Wochen aus dem Gehörgang schmerzlos entfernt. Bei all diesen Eingriffen wird durch den sehr kleinen Gehörgang gearbeitet. Solche Eingriffe sind technisch aufwendig und setzen viel Übung und Fingerspitzengefühl voraus. Durchgeführt werden Operationen am Trommelfell unter Vollnarkose und je nach Notwendigkeit ambulant oder verbunden mit einem kurzstationären Aufenthalt.
Was nach der Operation wichtig ist
Das operierte Ohr wird durch eine Tamponade geschützt, was zur Folge hat, dass der Patient auf dem Ohr kaum etwas hören kann. Wichtig ist, das Ohr in den ersten Tagen nach einer Trommelfelloperation vor Nässe zu schützen. Das gilt auch beim Duschen oder Haarewaschen. Nach einer Woche kann sich der Patient weitgehend normal körperlich betätigen, aber es sollte darauf geachtet werden, nicht zu stark zu schwitzen.
Gastautor: Dr. Konrad Stürmer, Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Klinik LINKS VOM RHEIN
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe DIE WIRTSCHAFT 05 / 2024
Bildquellen
- Dr. Konrad Stürmer: privat
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