Ein Mechanismus, der häufig nicht hinterfragt wird: Lernt man jemanden kennen, erscheint das Gegenüber immer sympathischer, je mehr Gemeinsamkeiten man entdeckt. Das liegt natürlich auch daran, dass der überwiegende Teil der Menschen seine Mitmenschen und ihr Verhalten, aber auch bestimmte Situationen durch seinen ganz persönlichen Filter betrachtet. Geprägt wird dieser Filter neben vielen anderen Faktoren durch die Kultur, die Sozialisation sowie die individuelle Bildung der Beteiligten. So werden Personen sowie Sachverhalte unbewusst von Beginn an schon voreingenommen registriert. „Dieses Phänomen der unbewussten Vorurteile wird als „Unconscious Bias“ bezeichnet. In einem betrieblichen Kontext haben diese Wahrnehmungsmuster – teilweise geprägt von Genderstereotypen und Klischees – nach wie vor einen großen Einfluss auf die demografische Zusammensetzung“, erklärt die Diversitäts-Expertin Tanya Akin hierzu.
Das bedeutet, dass sogar Führungskräfte, Mitarbeiter und HR-Verantwortliche, die eigentlich für Vielfalt und Offenheit stehen, Entscheidungen fällen, die sie auf Grundlage von unbewussten Vorteilen treffen. Verhindern kann man dies, indem man sich bezüglich der eingefahrenen Wahrnehmungen immer wieder bewusst hinterfragt. Außerdem hilft es, standardisierte Verfahren einzuführen.
Dass unterschiedlich zusammengestellte Teams ein Gewinn für das Unternehmen sind, ist schon lange bekannt: Je bunter, desto besser! Allerdings sind sie nicht deshalb besser, weil z. B. Frauen etwas besser handhaben als Männer oder jüngere Menschen vermeintlich flexibler sind als Ältere. Sie sind einfach durch die vorhandenen unterschiedlichen Perspektiven erfolgreicher. Die Aspekte für Entscheidungen sind vielfältiger. Das sorgt einerseits für kreative Prozesse zur Problemlösung. Und andererseits bedeutet dies, dass Diversität die Produktivität am Arbeitsplatz steigert.
Daneben ist sie aber auch ein Statement nach außen. Damit zeigt ein Unternehmen, dass es offen für jeden ist, unabhängig von Hautfarbe, Alter, Religion oder Gender. „Ein buntes Team aufzustellen gestaltet sich jedoch nicht immer so einfach, wie es zuerst klingt. Als Grund hierfür gelten vor allem versteckte Vorurteile, die Einfluss auf Einstellungsentscheidungen nehmen“, bemerkt Akin, Expertin für Diversity and Inclusion bei der Kölner Beratungs-Agentur flowedoo GmbH.
Und Vielfältigkeit ist nicht nur für Unternehmen ein Gewinn. Auch Kommunen können beispielsweise davon profitieren. Gerade in ländlichen Regionen, in denen sich der demografische Wandel bemerkbar macht, herrscht zu wenig Vielfalt. Durch die Abwanderung der Jugend und die dadurch steigende Überalterung nimmt auch die Infrastruktur Schaden. Und dies führt zu weiterer Abwanderung. Hier sollen Kommunen durch das Diversity Management für Menschen unterschiedlicher Herkunft, Hautfarbe, Alter, Religion oder Gender attraktiver werden.
Da es nicht immer einfach ist, die „Unconscious Biases“ zu überwinden, haben viele Firmen damit auch immer noch zu kämpfen. Um solch ein Management einzuführen, sind einige Vorbereitungen erforderlich. So sollte die Einführung nach einem geordneten Plan erfolgen. Folgende Fragen sind dabei zu berücksichtigen:
Zusammengefasst bedeutet das: Zuallererst müssen also Daten erhoben und genau ergründet werden, wo sich die unbewusst vorhandenen Vorurteile auswirken, sei es im Recruiting, bei der Beurteilung der Performance oder auch bei Beförderungen. Dann sollte eine Strategie entwickelt werden, um Prozesse und Systeme vorurteilsfreier zu gestalten.
Bei der Umsetzung können hier Bias-Trainings hilfreich sein. „Mitarbeiter lernen in diesen Trainings, dass der Nachteil nicht darin besteht, Vorurteile zu haben, sondern darin, sie nicht zu erkennen und unreflektiert Entscheidungen zu treffen. Wenn Mitarbeiter und Führungskräfte sich ihre Unconscious Biases bewusst machen, reduzieren sie gleichzeitig ihren Einfluss – nicht nur auf der persönlichen Ebene, sondern auch strukturell und systemisch in der gesamten Organisation“, erklärt Akin.
Gerade heutzutage ist es wichtig, die eigenen versteckten Vorurteile per Selbstreflexion zu entdecken und zu versuchen, diese abzulegen. Und dies gilt natürlich nicht nur für Einstellungsprozesse, sondern für sämtliche Ablaufe. Bei der Zusammenstellung von Teams sollte es zudem nicht nur darum gehen, Diversität in Form von weißen Personen, Männern oder Cis-Personen herzustellen. Wichtig ist es, Gleichberechtigung für die zu schaffen, die ungleich behandelt werden und von struktureller Diskriminierung betroffen sind.
Um Unternehmen oder auch Kommunen das Diversity Management nahezubringen, kann natürlich auch auf die bereits vorhandenen rechtlichen Vorgaben hingewiesen werden. So gibt es hier das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz oder auch die betreffenden EU-Richtlinien. Als Hilfsmittel zur Durchsetzung sind diese Vorgaben bestens geeignet. In den Köpfen der Verantwortlichen ändern sie jedoch nichts und sind daher lediglich als zusätzliches Hilfsmittel zur Bekämpfung von Diskriminierung zu sehen.
„Professionelle Trainer arbeiten mit einem Bündel von Methoden, mit denen sie beispielsweise traditionelle Rollenbilder, die eigene Unternehmenskultur und auch ethnische Zuschreibungen beleuchten“, so die Expertin. Weiterhin untersuchen sie die wichtigen Abläufe, um so mögliche Filter aufzuspüren, was in erster Linie die HR-Bereiche betrifft. Die Maßnahmen, die dies korrigieren sollen, reichen dabei von verpflichtenden Stellenbeschreibungen bis hin zur Anonymisierung von Bewerbungen.
Die Versachlichung der Verfahren reicht jedoch nicht. Die Entscheidungen treffen trotzdem noch Menschen. Und diese lassen sich häufig von personellen Präferenzen sowie von Wahrnehmungsverzerrungen und den damit verbundenen Diskriminierungen beeinflussen.
„Dennoch steht fest: Bleiben Organisationen auf der Stelle stehen, das heißt, sie blenden die bunte Gesellschaft aus, wird sich das früher oder später negativ auswirken. Sei es durch hohe Fluktuation der Mitarbeiter oder auch dadurch, dass diese Organisationen mittel- oder langfristig keine Mitarbeiter finden – denn wer will schon in einem toxischen Umfeld arbeiten?„, erläutert Akin abschließend.
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