Die 1159 Finance GmbH ist ein junges Unternehmen im Bereich Forderungsmanagement und Inkasso, welches sich als Ziel gesetzt hat, neue Maßstäbe zu setzen. Im folgenden Interview gewährt uns Jörg Klekamp, Gründer und Geschäftsführer der 1159 Finance, Einblicke in die Entstehungsgeschichte, seine strategischen Ansätze sowie einige Themen, die die Branche begleiten.
DIE WIRTSCHAFT:Herr Klekamp, was war Ihre Motivation, die 1159 Finance GmbH zu gründen?
Jörg Klekamp: Um diese Frage zu beantworten, muss man ein wenig meine berufliche Laufbahn betrachten. Bis zum Jahr 2020 habe ich zwei Dekaden lang in führenden Positionen Technologieunternehmen im Bereich der New Economy, insbesondere im Onlinemarketing, aufgebaut. Nach einem Exit 2008 an ProSieben Sat1, an dem ich beteiligt war, kam mein langjähriger Freund und heutiger Partner Daniel Raimer auf mich zu. Als niedergelassener Rechtsanwalt fragte er mich, ob ich mir den Wechsel in die Inkassobranche vorstellen kann. Sie können sich sicherlich vorstellen, dass ich von dieser Idee nicht sofort begeistert war. Da ich aber gelernt habe, mich neuen Themen nicht zu verschließen, wurden wir uns letztendlich einig und ich fing 2020 an, den deutschen und europäischen Inkassomarkt zu analysieren. Was mir im Rahmen dieser Arbeit sofort aufgefallen ist, waren die rückständige Digitalisierung der Branche sowie das schlechte Image, das sich die Branche in den letzten Jahrzehnten aufgebaut hat. Hier wollten wir mit der 1159 Finance ansetzen und gründeten das Unternehmen im Mai 2021.
DIE WIRTSCHAFT: Was unterscheidet die 1159 Finance GmbH von anderen Inkassoanbietern und wo sehen Sie Ihren Wettbewerbsvorteil?
Jörg Klekamp: Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist sicherlich unser technologischer Ansatz. Unsere Recherchen haben ergeben, dass deutlich mehr als 90 Prozent der Anbieter mit einer SaaS-Lösung (Software-as-a-Service) arbeiten und keine eigene Software entwickeln. So sind wir tatsächlich einer der Ersten, die eine Systemintegration über DATEV mit dem dahinterliegenden Zahlungsverkehr anbieten. Ein weiterer, ganz wesentlicher Punkt ist aber auch unsere individuell abgestimmte Schuldneransprache, die wir mit unseren Mandanten entwickeln. Tatsächlich klingt diese Thematik recht einfach, ist aber deutlich komplexer. Neben einer Schuldneransprache, die im Wesentlichen auf den Werten Fairness und Vermittlung basiert, entwickeln wir je nach Bedarf individuelle Strategien von bis zu sechs Schreiben für unterschiedliche Debitorengruppen. Als einfaches Beispiel kann man die unterschiedliche Ansprache im B2C- und B2B-Bereich nehmen, die mit weiteren Faktoren wie Stammkunden oder Gelegenheitsbuchern kombiniert werden kann.
DIE WIRTSCHAFT: Kommen wir einmal auf Ihren Subclaim „Eine Minute vor 12, Zeit für Veränderungen“ zu sprechen – was steckt genau dahinter?
Jörg Klekamp: Der Slogan „Eine Minute vor 12, Zeit für Veränderungen“ spiegelt die Notwendigkeit eines Umdenkens in der Inkassobranche wider. Inkassounternehmen haben oft und manchmal auch berechtigt ein schlechtes Image, das auf verschiedene Gründe zurückzuführen ist. Häufig werden Inkassounternehmen und ihre Mitarbeiter als aggressiv und einschüchternd wahrgenommen, was durch drohende Briefe und häufige Anrufe verstärkt wird. Zudem fühlen sich viele Menschen in den Schreiben unzureichend informiert, was zu einem Gefühl der Unsicherheit und zu Misstrauen führt. Hinzu kommt, dass trotz einer Gesetzesänderung des RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) vor fast drei Jahren vordergründig immer noch hohe Gebühren und zum Teil sogar falsche Kosten geltend gemacht werden. All diese Dinge führen nach wie vor zu enormen Beschwerden bei den Verbraucherschutzorganisationen und Aufsichtsbehörden. Diese ganzen Umstände sowie der Gewinnmaximierungsansatz der meisten Inkassodienstleister führen nicht zu einem positiven Image der Branche, und das wollen wir ändern.
Neben den bereits angesprochenen Mahnstrategien, die im Übrigen von angeschriebenen Schuldnern wie auch unseren Kunden im Schnitt mit aktuell 4,3 Sternen auf Google wirklich positiv bewertet werden, setzen wir auch auf volle Transparenz gegenüber unseren Kunden. Jeder Kontakt per Telefon, SMS, Brief oder E-Mail wird in unserem System transparent dargestellt, man erhält also vollen Einblick in unsere Arbeit und Kommunikationsstrategien. Und Sie werden dabei feststellen, dass es bei uns nicht um reine Gewinnmaximierung geht. Unser primäres Ziel ist es, die Forderungen unserer Kunden einzutreiben, auch wenn wir hierfür gelegentlich auf einen Teil unserer Marge verzichten müssen.
DIE WIRTSCHAFT: Sie haben die Gesetzesänderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes angesprochen, was ist da passiert?
Jörg Klekamp: Zum 1. Oktober 2021 wurden unter anderem neue Regeln für die Berechnung der Inkassokosten eingeführt, die nach dem „Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht“ auch von Inkassodienstleistern zu beachten sind. Zunächst einmal wurde der Gebührenfaktor für „normale“ (weil unstrittige) Inkassoforderungen um rund 40 Prozent reduziert. Zusätzlich erhalten Verbraucher jetzt eine Art Inkassorabatt von weiteren 40 Prozent, wenn sie auf die erste Mahnung zeitnah innerhalb von etwa zwei Wochen zahlen. Und schließlich wurde eine neue Staffel für Kleinstforderungen bis 50 Euro eingeführt. Konnte das Inkassounternehmen für solche Forderungen vorher etwa 70 Euro an Inkassokosten geltend machen, betragen die Kosten jetzt teilweise nur noch 18 Euro. Das macht vielen Mitbewerbern natürlich schwer zu schaffen, insbesondere wenn sie nicht optimal automatisierte Arbeitsabläufe nutzen und die Sachbearbeitung mit hohem Personalaufwand verbunden ist. Eine solche Korrektur war aber aus unserer Sicht auch im Vergleich mit unseren europäischen Nachbarn längst überfällig.
DIE WIRTSCHAFT: Wo sehen Sie denn aktuell die Schwierigkeiten und Herausforderungen in der Inkassobranche?
Jörg Klekamp: Unserer Meinung nach befindet sich die Branche gerade in einer Art öffentlichen Neuausrichtung, gerade auch durch den Druck seitens der Verbraucher und des Gesetzgebers. So hat unser Bundesverband BDIU (Bundesverband Deutscher Inkassounternehmen) schon am 17. September 2020 in Berlin im Rahmen der Mitgliederversammlung einen sogenannten Code of Conduct beschlossen, dem sich alle Mitglieder unterwerfen. Zentrales Thema des CoC ist ein Verhaltenskodex für faires Forderungsmanagement. Aber wo Licht ist, ist halt auch immer Schatten. So haben wir zum Teil schon sehr namhafte Inkassounternehmen ertappt, die aufgrund der zuvor beschriebenen Umstände ziemlich kreativ in der Auslegung der neuen Regelungen sind und nicht immer im Sinne des Verbrauchers oder auch der eigenen Kunden handeln. Ganz wesentlich bewegt die Branche aber auch die Musterfeststellungsklage gegen die EOS Investment GmbH. Gegen einen Entscheid des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg im Sommer 2023 hat die EOS Investment GmbH Revision beim BGH eingelegt. Dabei geht es insbesondere um die bisherigen Vergütungsmodelle der Inkassounternehmen, die infrage gestellt werden. Je nach Ausgang kann es hier nochmals zu erheblichen Verwerfungen im Inkassomarkt kommen, die sich letztendlich auch auf die Wirtschaftlichkeit des Inkassos beim Kunden auswirken können. Aber insoweit sind wir mit unseren innovativen Ansätzen schon heute vorbereitet.
DIE WIRTSCHAFT: Innovation ist ein guter Punkt, was planen Sie denn für die Zukunft?
Jörg Klekamp: Wie bei vielen anderen Unternehmen beschäftigt uns die Integration von künstlicher Intelligenz. Ende Juni werden wir in diesem Bereich erste Integrationen haben. Diese betreffen insbesondere unseren Support. Ziel ist die Interpretation eingehender Kommunikation durch künstliche Intelligenz, insbesondere um dadurch die Qualität und die Effizienz unserer Support-Teams nochmals zu steigern. Neben diesem sicherlich wichtigsten Thema der nahen Zukunft befassen wir uns aber auch mit der Erweiterung unserer Angebote außerhalb der klassischen Inkassodienstleistungen. Ich kann an dieser Stelle verraten, dass wir bereits mit ersten Pilotkunden in der Erprobungsphase sind. Wer sich für weitere Updates zu unseren Entwicklungen interessiert, den darf ich gerne auf unsere LinkedIn-Unternehmensseite verweisen.
(Eugen Weis)
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe DIE WIRTSCHAFT 05 / 2024
Bildquellen
- Jörg Klekamp: Alexander Vejnovic - Das Fotostudio Düssedlorf
- Transparenz, Digitalisierung sowie Automation: Screenshot: 1159 Finance
- centre-for-ageing-better-I-1cKK1-bnY-unsplash: Foto von Centre for Ageing Better auf Unsplash