Karriere

Networking online und offline

Wer den Slogan „Persönliches zählt, Geschäftliches ergibt sich“ hört, der denkt schnell an die XING Events, die seit 2004 bis 2022 in Köln stattgefunden haben. Und wer an diese Events denkt, der erinnert sich wahrscheinlich auch an Martin Müller, der ebendiese seit 2004 als XING Ambassador in Köln organisiert hat.

XING als Onlineplattform für Berufstätige hat zum Networking, also zum Knüpfen von beruflichen Kontakten, nicht nur in Köln seit 2004 als Werkzeug gedient, online Kontakte zu knüpfen und aus den Kontakten berufliche Beziehungen zu entwickeln. Bis heute sind deutschlandweit 21 Millionen Mitglieder dort angemeldet, davon über 480.000 in Köln.

Allerdings hat XING vor drei Jahren das Geschäftsmodell geändert. Ursprünglich ein Portal für berufliche Kontakte mit vertrieblichem Hintergrund und dem Eventmanager für Business-Events, versteht sich XING nun als das führende „Job-Netzwerk“ im deutschsprachigen Raum. Es soll seinen Mitgliedern Orientierung in ihrem gesamten Arbeitsleben geben und sie dabei unterstützen, so arbeiten zu können, wie es zu ihren Lebensentwürfen und ihren individuellen Bedürfnissen passt.

Kritiker bemängeln, heute sei das Unternehmen daher „nur“ noch eine Plattform für Angestellte, die sich für einen neuen Job interessieren, und für Arbeitgeber, die einen Job zu vergeben haben. Und was ist mit allen anderen Mitgliedern passiert?

Mister Matching berät Mitglieder von XING und LinkedIn

DIE WIRTSCHAFT hat dazu Martin Müller befragt, denn nicht nur er ist nun auf LinkedIn fokussiert, das amerikanische Pendant zu XING, mit heute mehr als 950 Millionen Mitgliedern, davon rund 20 Millionen im deutschsprachigen Raum. Martin Müller ist bekannt als XING- und LinkedIn-Trainer und vor allem als „Mister Matching“, so wie er sich auf seinen Online-Profilen nennt.

DIE WIRTSCHAFT: Man nennt Sie „Mister Matching“, was genau steckt denn dahinter?

Martin Müller: Seit 2003 bin ich Mitglied bei XING und seit 2006 habe ich auch als Trainer dort gearbeitet. Networking und Kontakte beruflich zusammenzubringen war immer die Grundlage meiner beruflichen Tätigkeit. Vor ein paar Jahren sagte ein Kunde mir: „Danke, Herr Müller, Sie haben mir nun schon zu so vielen Neukunden verholfen, Sie sind ja Mister Matching.“ Da habe ich mir die Bezeichnung als Marke eintragen lassen und sie sagt nun genau das aus, was ich tue.

DIE WIRTSCHAFT: Was tun Sie denn im Moment, seit XING so massiv an Relevanz verloren hat?

Martin Müller: Seit drei Jahren bin ich LinkedIn-Trainer und unterstütze Unternehmer, den Mittelstand, Führungskräfte und vor allem Vertriebsleiter dabei, LinkedIn optimal zu nutzen. Dabei geht es um die Profilgestaltung, die Vernetzung mit den richtigen Zielpersonen, die Ausarbeitung einer Strategie und natürlich auch die Erstellung des Content-Plans, um sich mit den richtigen Beiträgen als Experte im eigenen Fachgebiet zu positionieren. Einerseits bin ich Berater, für viele Kunden aber auch Dienstleister und mit meinem Team „Umsetzer“ der Aktivitäten, weil viele Kunden keine Zeit oder keine Kapazitäten haben, es selbst zu machen.

Nachdem wesentlich mehr meiner Kunden mehr Beratung zu LinkedIn und keine mehr zu XING abgerufen haben, war der Wechsel nur konsequent. Als XING im letzten Jahr angekündigt hat, Gruppen und Events zu schließen, bin ich dann auch als Ambassador zurückgetreten und habe die Business-Regionalgruppe Köln auf LinkedIn aufgebaut mit nun schon fast 8.500 Mitgliedern!

DIE WIRTSCHAFT: Welche Vorteile haben denn die Mitglieder der Business-Regionalgruppe Köln?

Martin Müller: Wie schon damals in der XING-Regionalgruppe Köln ist es ein Verteiler für Events vor Ort und seit der Pandemie natürlich auch für Online-Events. Ziel der Events sind die Wissensvermittlung und natürlich das Knüpfen von Kontakten untereinander. Online werden in der Gruppe Fragen mit regionalem Hintergrund gestellt und beantwortet und natürlich ist es auch eine Möglichkeit, sich und die eigenen Leistungen vorzustellen. Die Reichweite unserer Gruppe steigt ständig, wir haben nun mehr und mehr Kooperations- und Eventpartner, denn die Kölner Unternehmen merken, wie gut sie über die Aktivität in der LinkedIn-Gruppe mit ihrer Zielgruppe in Kontakt kommen können. Mehr als die Hälfte der Gruppenmitglieder war in den letzten 15 Tagen online und die Events der letzten Monate waren wieder so gut besucht wie vor der Pandemie.

DIE WIRTSCHAFT: Was war denn das interessanteste Event der letzten Jahre?

Martin Müller

Martin Müller: Wir hatten über XING mehr als 450 Events organisiert, ein Highlight waren sicher das Event 2007 auf der MS Rhein-Energie, welche wir mit 1.200 Gästen exklusiv gemietet hatten, oder das größte Event mit 2.000 Teilnehmern in der Kameha Suite damals im Rheinauhafen. Heute kommen je nach Firma noch 20 bis 200 Gäste. So waren wir im Juni 2023 wie auch schon im Dezember 2019 zu einem exklusiven Networking Event in der Motorworld. Und wir sind am 14. September 2023 auch wieder auf der MS RheinEnergie. Ziel ist immer das Knüpfen von Kontakten getreu dem Motto „online finden, offline binden“.

DIE WIRTSCHAFT: Wo liegt denn bei Ihren Aktivitäten jetzt der Schwerpunkt, auf online oder auf offline?

Martin Müller: Es wird eine Mischung aus beidem. Mein persönlicher Reiseanteil als Referent hat sich halbiert, viele, aber nicht alle Kunden buchen LinkedIn-Training und Beratung als Online-Termin. Gute Networking Events müssen aber vor Ort stattfinden, das Kölsch am Stehtisch lässt sich online nicht darstellen (auch wenn wir Wein- und Bierproben in der Pandemie online angeboten haben!). Auch die Mister Matching Community trifft sich neben den monatlichen Online-Meetings zweimal pro Jahr live vor Ort.

DIE WIRTSCHAFT: Was genau ist denn die Mister Matching Community?

Martin Müller: Das ist, kurz gesagt, der VIP-Club meiner Kontakte. Mittlerweile habe ich auf LinkedIn und XING in Summe über 30.000 qualifizierte Kontakte und viele möchten von meinem Networking-Wissen profitieren und an meiner Reichweite partizipieren. Als Mitglied der Community mit einem monatlichen Beitrag ab 99 Euro gibt es ein monatliches Zoom-Meeting zum Networking, ein bis zwei LinkedIn-Sprechstunden für individuelle Fragen sowie eine WhatsApp-Gruppe zur Diskussion und für spontane Fragen zu LinkedIn. Wichtig ist auch eine geschlossene LinkedIn-Gruppe mit fast täglichen Neuigkeiten zu Innovationen auf der Plattform LinkedIn. Community-Mitglieder haben also die Möglichkeit, an der LinkedIn BusinessClass teilzunehmen, und erfahren damit alle Insights, die es über LinkedIn zu wissen gibt. Das Networking untereinander, meine Empfehlungen und vor allem die Reichweite für Events stehen den Mitgliedern ebenso zur Verfügung, um die eigene Sichtbarkeit zu steigern.

DIE WIRTSCHAFT: Welches sind denn die wichtigsten Networking-Tipps für unsere Leser?

Martin Müller: Kontakte aufbauen, bevor man sie braucht: nicht erst Hilfe suchen, wenn man sie braucht, sondern früh anfangen, Kontakt zu anderen Menschen aufzubauen, von denen man lernen kann. Online und offline!

Mehr zuhören, weniger selbst reden: sich für das Gegenüber interessieren und gezielte Fragen stellen. Erst dann von sich berichten, wenn man gefragt wird.

Events besuchen: vorher schon mit den Teilnehmern Kontakt aufnehmen, sich verabreden, beim Event oft die Gesprächspartner wechseln und nach dem Event gut nacharbeiten, um mit den Gesprächspartnern langfristig vernetzt bleiben. Bei Events bevorzugt VIP-Karten buchen, denn im VIP-Bereich lernt man die interessantesten Menschen kennen.

Ein professionelles LinkedIn-Profil vorhalten. Das Profil ist eine digitale Visitenkarte, die Basis der wahrgenommenen Kompetenz. Heute wird schnell gegoogelt, das LinkedIn-Profil taucht oft weit oben auf und dann hat der Inhaber nur wenige Sekunden Zeit, dem Profilbesucher das Gefühl zu geben: „Ja, hier bin ich richtig.“
Kontakte nicht nur sammeln, sondern auch mit ihnen kommunizieren. Es benötigt immer zahlreiche Impulse, bis aus einem Kontakt eine Beziehung wird. Daher nach der Kontaktbestätigung eine Willkommensnachricht senden. Mal zu einem Event einladen, mal eine persönliche Nachricht senden mit Infos, die für den Empfänger interessant sind.

Hilfe anbieten, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Das gilt online wie auch vor Ort bei Gesprächen auf Events. Ich empfehle sehr oft Kontakte weiter oder gebe Tipps, wo man wen finden kann. Gleichzeitig merke ich heute, wie oft mir selbst neue Kunden empfohlen werden. Oft genau von den Personen, denen ich in der Vergangenheit auch schon mal etwas Gutes getan habe.

(Monika Eiden)

Dieses Interview erschien in der Ausgabe DIE WIRTSCHAFT 06.2023

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