Finanzen & Märkte

Mit „Flagships“ zu mehr Kunden: Commerzbank will hoch hinaus

Der Commerzbank-Tower in Frankfurt am Main.
copyright: Vytautas Kielaitis – 471616337 / Shutterstock.com


Große Ziele: Die Commerzbank hat trotz Krise ein gutes Jahr hinter sich. Zumindest im Privatkundenbereich. Laut Michael Mandel, Privatkundenvorstand der Bank, können sich die Zuwächse sehen lassen. In der Frankfurter Zentrale freut man sich über eine Million neue Kunden, die in den vergangenen vier Jahren dazugekommen sind. Bis Ende 2017 sollen weitere 500.000 dazu gewonnen werden. Wie will die Bank das schaffen? Und wie profitieren Sie davon?

In der Vergangenheit sah die Zukunft wenig rosig für den Bankriesen aus. Vor allem das Mittelstandsgeschäft hatte unter der schwachen Nachfrage nach Krediten gelitten. Eine Rettungsaktion mit staatlichen Mitteln musste her. Mit Folgen auch für die Kunden: Gebühren für Kreditkarten, Wertpapierdepots und Überweisungen wurden eingeführt oder erhöht. 7.300 Mitarbeiter der Commerzbank trifft es indes noch härter. Bis 2020 will die Bank deren Stellen streichen. „Kahlschlag“ nennen es die Arbeitnehmervertreter.

Bis zu 100 neue Vorzeige-Filialen für noch mehr Kunden

Im wichtigsten Bereich, dem Privatkundengeschäft, will die Bank nun Kurs halten und hat in den letzten Jahren und Monaten attraktive Neukunden-Aktionen auf die Beine gestellt. „Flagships“ zum Beispiel, wie die Manager sie nennen. Große Filialen, wie etwa in Berlin oder Stuttgart. Hier wird der Kunde auch nicht „Kunde“ genannt, sondern „Gast“. Eine Kaffeetheke mit WLAN, Sitzecken (natürlich gepolstert) und Großbildleinwände – fast wie in einer chilligen Lounge. Der „Gast“ soll sich wohl fühlen. An Terminals gibt’s die wichtigsten Infos zum Konto, Bausparen oder Immobilien. Auf Knopfdruck flitzt ein Mitarbeiter herbei und lädt zum persönlichen Gespräch in die „Beratungsinsel“ ein.

In den letzten rund zwei Jahren hat die Bank diese „Testballons“ in Stuttgart und Berlin ausprobiert. Nun also sollen bundesweit bis zu 100 Filialen dazu kommen.

Immer mehr Online-Kunden

Im Zeitalter der intensiven Internetnutzung passt sich die Bank auch den Nutzungsgewohnheiten seiner Kunden an. Das „Commerzbanking“ kann über den Webbrowser oder über die App genutzt werden. Die Vorteile für die Kunden:

  • Zugang zum Girokonto
  • Kontrolle über alle Kreditkarten
  • Übersicht über Aktiendepots, Sparpläne, Festgeld, etc.
  • Infos zu Finanzierungen

Kritikern stehen in diesem Zusammenhang die Sorgenfalten auf der Stirn, wenn sie von immer mehr Online-Serviceangeboten hören. Die niederländische ING Groep hat im letzten Jahr bekannt gegeben, innerhalb von 5 Jahren knapp 6.000 Jobs zu streichen und mehr auf Internet, mobiles Banking und automatisierte Systeme zu setzen.

Und auch das ist Kundenbindung à la Commerzbank: Wenn Kunden Kunden werben, gibt’s eine Geldprämie und auch Waren (Tablets, Musikanlagen, Bohrmaschinen, Kaffee-Automaten, usw.). Mit Speck fängt man Mäuse.

Wo kommen die Kunden eigentlich her?

Über den treuesten und größten Kundenstamm kann sich die Commerzbank in Nordrhein-Westfalen freuen. Satte 22 Prozent der Bevölkerung hat hier ein Commerzbank-Konto. Gefolgt von Bayern mit 12 Prozent und Baden-Württemberg mit 11 Prozent. Die Daten im Einzelnen:

Commerzbank-Kunden 2015 nach Bundesländern
Bundesland Kunden (in Prozent)
Nordrhein-Westfalen 22
Bayern 12
Baden-Württemberg 11
Niedersachsen 9
Sachsen 8
Hessen 7
Berlin 6
Schleswig-Holstein 5
Brandenburg 4
Hamburg 3
Thüringen 3
Sachsen-Anhalt 3
Rheinland-Pfalz 3
Mecklenburg-Vorpommern 2
Bremen 1
Saarland 0

Tabelle: Die Kunden der Commerzbank im Vergleich nach Bundesländern.
Quelle: VuMA / Statista

Rechnung scheint aufzugehen

Der Plan mit dem Online-Geschäft scheint aufzugehen. Eine Million Kunden in vier Jahren sprechen eine deutliche Sprache. Bis 2020 sollen bis zu zwei Millionen dazu kommen. Unter anderem auch mit neuen Depotmodellen. Wer Fondsparen mit mittlerem oder kleinem Vermögen betreiben möchte, zahlt seit diesem Jahr nur noch ein Pauschalentgelt, in dem rund 100 Fonds ohne Ausgabeaufschlag angeboten werden.

Im Online-Bereich gibt es noch in diesem Jahr ein Angebot für Selbstentscheider mit Pauschalentgelt. „Anlage-Roboter“ helfen dann bei der Geldanlage. Dazu gilt es einige Fragen im Vorfeld zu beantworten – zum Alter, Risiko, Zeitraum und Summe. Dann gibt’s Vorschläge wo und wie investiert werden kann. Privatkundenvorstand Mandel verspricht, dass dieses Modell ab 2018 auch bei der Commerzbank angeboten wird.

Ins Geschäft kommen will man auch mit kleineren, mittelständischen Unternehmen. „Wir möchten 10.000 neue Kunden gewinnen, insbesondere in der Umsatzgrößenordnung von 15 Millionen bis 100 Millionen Euro“, hat der für die fusionierte Firmenkunden- und Investmentbank-Sparte verantwortliche Vorstand Michael Reuther der „Börsen-Zeitung“ gesagt. Bei diesen kleineren Kunden möchte die Commerzbank vor allem im Bereich Zins-, Währungs- und Rohstoffabsicherung überzeugen. Auch bei Exportfinanzierungen soll gepunktet werden.

Die Gewinne und Verluste in den Quartalen von 2015 bis 2016.
copyright: Die Wirtschaft Köln

Blendender Jahresauftakt für die Aktie

Nachdem es zum Jahresende für die Commerzbank an der Börse noch einen Abwärtstrend gab, geht es nun mittelfristig stabil nach oben. Dennoch kommt auf das Unternehmen nach eigenen Angaben ein Jahr des Umbaus zu. „Commerzbank 4.0“ nennen das die Chefs und wollen den Plan bis 2020 umsetzen. Welche Änderungen das (von den Stellenstreichungen einmal abgesehen) genau sind, bleibt zunächst abzuwarten. Die Dividende für die Aktionäre bleibt zumindest erst einmal außen vor. Frühestens 2019 kann wieder über eine Gewinnausschüttung nachgedacht werden.

Düstere Aussichten prophezeit der IWF

Der Internationale Währungsfonds (IWF) prophezeit unterdessen ein düsteres Bild, nicht nur für die Commerzbank. Ein Drittel aller europäischen Banken sei nicht überlebensfähig, sagen die Ökonomen. Zwar werde das Bankensterben nicht über Nacht über uns hereinbrechen, aber auf lange Sicht würden 30 Prozent der Geldhäuser zu wenig verdienen, um zu überleben. Das zeigt sich unter anderem an den schon erwähnten Personalentscheidungen. Nicht nur die Commerzbank, fast jede Bank hat vor, langfristig Personal einzusparen. Warum aber verdienen die Banken zu wenig? Die Gründe sind unter anderem hier zu suchen:

  • Schwache Erträge
  • Negative Zinsen
  • Strengere Vorschriften

Dabei ist die Europäische Zentralbank (EZB) nicht ganz unschuldig am Taumeln mancher Banken. Mit ihrem Anleihekaufprogramm hat sie die langfristigen Zinsen nach unten gedrückt. Die Folge: Die Kreditinstitute verdienen weniger Geld. Auch mit dem Kauf von Unternehmenspapieren, um Firmenfinanzierung über die Börse voranzutreiben, schwächt die EZB die Banken.

Die Commerzbank wurde 1870 in Hamburg gegründet. Sie ist die zweitgrößte Bank Deutschlands und hat ihren Sitz in Frankfurt am Main. Das Unternehmen ist als Universalbank mit Standorten in mehr als 50 Ländern tätig.

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Redaktion

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