Die Koelnmesse beschäftigt allein in der Kölner Zentrale rund 800 Mitarbeiter – von etwa 1.000 weltweit – und bespielt das drittgrößte Messegelände in Deutschland. Mit der Absage der Internationalen Eisenwarenmesse im März 2020 brach für das Unternehmen eine neue Zeitrechnung an. Seit Pandemiebeginn befindet sich der Messebetrieb in einem permanenten Auf und Ab.
Knapp eineinhalb Jahre war ein Großteil der Angestellten der Koelnmesse in Kurzarbeit. Entlassen wurde in dieser Zeit niemand. Dennoch war es eine herausfordernde Zeit für das Unternehmen: „Ende Januar war die letzte große Messe, die wir noch regulär gemacht haben, die ISM“, erinnert sich Guido Gudat, Zentralbereichsleiter Unternehmenskommunikation, an den Pandemiebeginn. „Da fingen wir langsam an, uns Gedanken zu machen. Es tauchten die ersten Gesichtsmasken auf der Messe auf, es war deutlich zu erkennen, dass da schon asiatische Besucher und Aussteller nicht kamen. Und dann ist das passiert, was bei vielen passiert ist: die Geschichte vom Nicht-wahrhaben-Wollen, Staunen und irgendwann die Erkenntnis, dass da gerade nicht nur irgendwas auf der Welt passiert, sondern etwas, von dem unser Veranstaltungsgeschäft sogar in allerhöchstem Maße betroffen ist.“ Es folgten Messeverbote seitens der Politik, die für die Messeleute einem Berufsverbot gleichkamen und die – von kleinen Pausen abgesehen – fast eineinhalb Jahre anhielten. Diese Pausen nutzten die Messeteams umso intensiver. Anstatt auf bessere Zeiten zu warten, arbeitete das Team auf Vollgas und bereitete jede Messe, soweit möglich, so vor, als ob sie stattfinden würde. Um sie dann viel zu oft zwischen Pandemiebeginn und Herbst 2021 wieder absagen zu müssen. Eine der größten internen Herausforderungen in dieser Zeit war es, die Mitarbeiter weiterhin zu motivieren und Transparenz zu schaffen. Die Sicherheit, dass der Arbeitsplatz trotz Krise erhalten bleiben würde, reichte da nicht immer aus. Verlieren wollte die Koelnmesse in dieser Zeit niemanden, weil allen bewusst war, dass bei einem Neustart die geballte Manpower benötigt werden würde. „Das war eine wilde Zeit, in der wir andererseits aber auch sehr viel gelernt haben“, so Gudat.
Dieses permanente On-und-off-Arbeiten, immer bereit sein für den Fall, dass eine Veranstaltung stattfinden kann, und sich nicht unterkriegen lassen, wenn sie doch wieder spontan abgesagt werden musste, stellte sich als eine der großen Stärken der Mitarbeitenden der Koelnmesse heraus. Dieses Engagement ging auch nicht an Oberbürgermeisterin Henriette Reker vorbei, die als Aufsichtsratsvorsitzende der Koelnmesse immer ein Auge auf das Geschehen der Messe hat: „Die vergangenen zwei Jahre und auch die letzten Monate waren alles andere als einfach, aber das Team der Koelnmesse hat Mut und Durchhaltevermögen bewiesen. Mit großer Motivation hat es an neuen Messekonzepten gearbeitet.“ Zum Beispiel an dem #B-SAFE4business-Konzept, das der Messe-Weltverband UFI vor Kurzem mit dem Operations and Service Award auszeichnete: In enger Zusammenarbeit zwischen 15 Bereichen der Koelnmesse, rund 80 Dienstleistern sowie den Kölner Behörden entstand 2020 das #B-SAFE4business-Konzept. Ein zentrales Element des Konzepts war das #B-SAFE4business-Village, bei dem noch im selben Jahr auf rund 5.000 Quadratmetern eine sichere Messe in Zeiten von Corona simuliert wurde.
Als drittgrößter Messestandort in Deutschland und mit annähernd 400.000 m Hallen- und Außenflächen gehört die Koeln-
messe zu den Top Ten der weltweiten Messegelände. Doch Größe zeigt sich hier nicht nur in Flächen und Volumen, sondern auch darin, grundsätzlich mindestens einen kleinen Schritt voraus zu sein. Bereits 2019 wurden auf Messen erste Erfahrungen mit Digitalität und Hybridveranstaltungen gemacht, etwa mit der Opening Night der Gamescom. Auf diesen Grundstein wurde im Pandemiejahr 2020 aufgebaut. So fand die Gamescom 2020 als erste größere Veranstaltung komplett digital statt. Dafür wurde eine Onlineplattform geschaffen, auf der sich Aussteller präsentieren konnten, ohne dass es sich dabei um eine virtuelle Messe gehandelt hätte, bei der man durch die Gänge gehen konnte. Innerhalb von zwei bis drei Monaten konzipierte die Koelnmesse ein Businesskonstrukt, mit dem sie auch Geld verdienen konnte. Nach der Gamescom folgten weitere vergleichbar durchgeführte digitale Veranstaltungen. Doch trotz allen Einsatzes war der Umsatz nicht mit dem der Vorjahre zu vergleichen. Das große Problem: Nicht nur der Veranstalter muss sich auf neue Wege einlassen, sondern auch die Aussteller und Besucher. Für ein Event Geld zu bezahlen, an dem man lediglich via Computer von zu Hause aus teilnimmt, war für viele zum Beginn der Pandemie noch fremd und die Reaktionen darauf dementsprechend zögerlich.
Nach der langen Durststrecke, bestehend aus abgesagten Veranstaltungen oder rein digitalen Events, folgte im Herbst 2021 das große Aufatmen. Das ganz klare Highlight für alle beteiligten Akteure: die Anuga, die 70.000 Besucher aus fast 170 Ländern nach Köln brachte. Die Koelnmesse stemmte im Jahr 2021 insgesamt 35 Veranstaltungen, darunter acht eigene auf dem Kölner Messegelände. Zusätzlich gab es fünf rein digitale Veranstaltungen, zehn Auslandsmessen sowie zwölf Gastveranstaltungen und Special Events in Köln. Dank dieser Veranstaltungen, allen voran der Live-Events im Herbst, konnten trotz Pandemie Umsätze in Höhe von 134,2 Millionen Euro erzielt und der Verlust auf 81,4 Millionen Euro begrenzt werden. Glücklicherweise hatte sich die Koelnmesse vor dem Pandemiebeginn ein finanzielles Sicherheitspolster geschaffen: „Bis 2019 hatten wir den höchsten Gewinn und den höchsten Umsatz aller Zeiten in unserer Unternehmensgeschichte. Wir haben diese zwei Jahre verhältnismäßig gut überlebt, aber das muss jetzt auch stetig besser werden und irgendwann wieder vorbei sein, sonst sieht es übel aus“, betont Guido Gudat. Seit dem Frühling sind Messen vor Ort nun wieder möglich. Für das laufende Jahr sind insgesamt 61 Veranstaltungen geplant. Aktuell läuft der Messebetrieb auf Hochtouren. Schließlich gab es genug Messen, die in der Vergangenheit verschoben wurden und die nun nachgeholt werden müssen. Was den bevorstehenden Herbst mit einer möglichen weiteren Coronawelle anbelangt, zeigt sich der Leiter der Unternehmenskommunikation optimistisch: „Wir glauben daran, dass die Politik uns dieses Jahr nicht wieder rausnehmen wird. Von unserer Seite aus ziehen wir definitiv durch. Aber sollte noch mal etwas passieren, werden wir damit umzugehen wissen.“
Das größte Learning der letzten zweieinhalb Jahre war für viele Veranstalter der technologische Fortschritt, den sie gehen mussten. Hybridveranstaltungen, bei denen es eine Messe vor Ort gibt, die aber zumindest teilweise auch online besucht werden kann oder digital ergänzenden Mehrwert liefert, sind hier das große Stichwort, an dem auch zukünftig festgehalten werden wird. Die Anuga FoodTec im April dieses Jahres war ein gelungenes Paradebeispiel dafür und mit der spoga+gafa im Juni ging die Koelnmesse sogar noch einen Schritt weiter: Neben der physischen Veranstaltung wurde parallel eine Onlineplattform zur Verfügung gestellt, die die Messecommunity 365 Tage im Jahr bedienen will. „So wichtig die Hybridisierung unserer Veranstaltungen ist, der Kern unserer Tätigkeit bleibt die physische Interaktion von Menschen. Auch in den kommenden zehn oder zwanzig Jahren. Aus diesem Kern heraus liefern und entwickeln wir neue digitale Produkte, die unseren Kunden helfen, sich aber auch verkaufen lassen“, so Gerald Böse, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Koelnmesse.
Mit einem derart leistungsstarken und visionär arbeitenden Team wappnet sich die Koelnmesse für die Zukunft. Kein Wunder also, dass auch die Planungen des Confex, eines Conference- und Exhibition Centers, das zum 100-jährigen Bestehen der Messe 2024 fertiggestellt werden soll, trotz Pandemie und Ukrainekrieg fortgeführt werden. Und auch der erneute Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums, die Organisation des Deutschen Pavillons für die Expo 2025 in Osaka zu übernehmen, lässt hoffnungsvoll in die Zukunft blicken.
(Jana Leckel)
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