Aktuell produzieren Nutzfahrzeuge rund ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen im Sektor Verkehr. Daher will die Bundesregierung mittels einer Gesetzesänderung den Umstieg auf klimaneutrale Antriebe beschleunigen. Dazu wird die Lkw-Maut in Zukunft an die Höhe des CO2-Ausstoßes gekoppelt. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sowie der Mittelstandsverband BVMW kritisieren das Vorhaben scharf.
Mit dem Gesetzesvorhaben soll die geänderte Eurovignetten-Richtlinie, die im März 2022 in Kraft getreten ist, umgesetzt werden. Neben anderen Punkten sieht diese eine CO2-Differenzierung der Lkw-Maut für schwere Nutzfahrzeuge bis zum 25. März 2024 vor. Außerdem sollen ab dem 25. März 2027 alle Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen technisch zulässiger Gesamtmasse einbezogen werden.
Die Bundesregierung betrachtet die CO2-Differenzierung der Lkw-Maut als wichtige Maßnahme für die Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen im Verkehr. Sie möchte damit einen weiteren Schritt in Richtung der Erreichung der Klimaschutzziele gehen. Außerdem möchte sie damit Lkws mit alternativen Antrieben attraktiver machen.
Nach Einschätzung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) würde das bedeuten, dass dies die Transportbranche mit einer Mehrbelastung von rund 7,6 Milliarden Euro treffen würde. Dabei kritisiert DIHK-Präsident Peter Adrian vor allem, dass es, legt man den bisher vorliegenden Gesetzentwurf zugrunde, zu einer Doppelbelastung beim CO2-Preis käme. Laut dem Koalitionsvertrag der Ampelkoalition sollte dies aber vermieden werden. „Durch den nationalen Emissionshandel wird Kraftstoff durch die CO2-Zertifikate bereits belastet und nun kommt der CO2-Aufschlag bei der Lkw-Maut in einer Größenordnung von über 7 Milliarden Euro noch hinzu“, so Adrian.
Die Befürchtung der Branche geht dahin, dass die zusätzlichen Kosten beim Spediteur, beim Verlader oder beim Endkunden hängen blieben. Damit käme es statt der derzeit so dringend benötigten Entlastung erneut zu einer Belastung. Hier müsse eine bessere Lösung her. „Der durch die stärkere Koppelung der Maut an den CO2-Ausstoß angestrebte Umstieg auf klimafreundliche Fahrzeuge wird auf absehbare Zeit nicht funktionieren“, erklärt der DIHK-Präsident. „Denn es gibt weder genügend emissionsfreie Lkw noch die erforderliche Tank- oder Ladeinfrastruktur.“ Abschließend weist er auf die wichtige Funktion des Transportgewerbes für die gesamte Wirtschaft hin: „Daher ist es weit über die Branche hinaus relevant, dass der Güterkraftverkehr am Standort Deutschland wettbewerbsfähig bleibt.“
Auch der Mittelstandsverband BVMW kritisiert die Erhöhung der Lkw-Maut, denn sie träfe den Mittelstand mitten in der Krise. Zukünftig würde sich die Maut für Lkws fast verdoppeln und dies stelle für mittelständische Transportunternehmen eine erhebliche finanzielle Belastung dar. „Die Befürchtung, dass Mittelständler, insbesondere im ländlichen Raum, ihre Betriebe aufgrund der drastischen Mauterweiterung aufgeben müssen, ist real. Es ist nachvollziehbar, dass die Regierung Anreize setzen möchte, um den Umstieg auf klimafreundliche Fahrzeuge zu fördern. Allerdings sind weder emissionsfreie Lkws noch die entsprechende Infrastruktur wie Tank- und Ladeplätze zum Umstieg auf umweltfreundliche Alternativen ausreichend vorhanden. Wie schon bei anderen Vorhaben sticht auch in diesem Falle Ideologie notwendige Vernunft im politischen Entscheidungsprozess aus“, erklärte Herbert Schulte, NRW-Landesgeschäftsführer.
Auch wenn Handwerksbetriebe von der ab Juli 2024 geltenden Regelung, dass alle Nutzfahrzeuge ab 3,5 Tonnen auch mautpflichtig werden, ausgenommen seien, belaste dies viele mittelständische Betriebe des Transportgewerbes. „Wir appellieren an die Politik, die fatalen Auswirkungen der Mauterhöhung auf Betriebe und Verbraucher zu überdenken. Mit Blick auf das stagflatorische Umfeld müssen wir klar feststellen, dass jetzt nicht die Zeit ist für eine weitere künstliche Verteuerung von Produktion und Transport.“
(Monika Eiden)
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe DIE WIRTSCHAFT 07.2023
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