Wer eine Eigentumswohnung außerhalb Kölns erwirbt, kann trotz der gestiegenen Immobilienpreise im Speckgürtel der Dommetropole noch Geld sparen. Auch wenn sich durch einen Umzug häufig der Aufwand für das berufsbedingte Pendeln erhöht und zusätzliche Kosten anfallen, kann ein Umzug einen echten finanziellen Mehrwert auf Dauer schaffen. Zu diesem Ergebnis kommt der Postbank Wohnatlas 2022.
Während in der Domstadt der Quadratmeterpreis im Durchschnitt bei etwa 4.900 Euro liegt, sind es im Kölner Umland mindestens 1.600 Euro weniger. Um zu ermitteln, ob sich ein Umzug ins Kölner Umland und das Pendeln lohnt, hat das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) eine Modellrechnung für den Postbank Wohnatlas entwickelt, mit der sich die Pendelkosten beziffern lassen. Die Auswertung des Wohnatlas berechnet, wie viele Jahre sich der Immobilienerwerb im Umland der Domstadt rechnet und ab welchem Punkt der Kostenvorteil durch das Pendeln aufgezehrt ist. Für die Studie wurde auch der Faktor Homeoffice einberechnet. Außerdem wurden erstmals auch größere Wohnungen für Familien berücksichtigt.
Maßgeblich für die Berechnungen, die für den Wohnatlas durchgeführt wurden, war jeweils der Kauf einer durchschnittlich teuren 70 qm großen Wohnung sowie einer 120 qm großen Wohnung in Köln. Diese wurden mit den Werten für den Erwerb einer gleichen Wohnung in den angrenzenden Landkreisen Mettmann, Rhein-Kreis Neuss, Rhein-Erft-Kreis, Rheinisch-Bergischer Kreis und Rhein-Sieg-Kreis sowie den kreisfreien Städten Leverkusen und Bonn verglichen. Berücksichtigt wurden neben den vier bevölkerungsreichsten Städten der Region auch alle Orte mit mehr als 20.000 Einwohnern. Im Wohnatlas werden insgesamt 47 Städte im Kölner Umland betrachtet. Es zeigt sich, dass es in den Umlandkreisen zwischen zentral und eher abseits gelegenen Gemeinden ein großes Preisgefälle gibt. Daher sollten Käufer für verkehrsgünstig gelegene Wohnungen mit einem Aufschlag auf den kreisweiten Durchschnittspreis rechnen, wie die Studienautoren empfehlen. Die Experten kalkulierten dafür einen 20 Prozent höheren Kaufpreis. Die Kaufpreise wurden mit den jährlichen Pendelkosten verrechnet. Die Studienautoren haben neben den Kosten für ÖPNV-Tickets oder das Auto samt Energiekosten auch den höheren Zeitaufwand mit einbezogen. Kosten für das Pendeln mit dem Auto und mit dem ÖPNV wurden für die aktuelle Erhebung angepasst. Für das Auto stiegen die Kosten von 0,35 auf 0,45 Euro pro Kilometer. Ab dem 21. Kilometer einfache Entfernung wird mit 0,43 Euro pro Kilometer gerechnet. Für Fahrten mit Bus und Bahn wurden die berechneten Fahrtkosten von 0,10 auf 0,13 Euro pro Kilometer angehoben, ab dem 21. Kilometer wird mit 0,12 Euro gerechnet.
ÖPNV-Pendler profitieren stärker
Beim Rechenbeispiel mit einer 70 qm großen Wohnung profitieren Pendler aus vier Städten in der Region besonders vom günstigen Wohnungskauf im Umland der Domstadt. Den am längsten anhaltenden Kaufpreisvorteil gegenüber Köln hat die kreisfreie Stadt Leverkusen. Die Studienautoren schreiben hierzu: „Wer den Arbeitsweg jeden Tag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegt, hat den Kaufpreisvorteil gegenüber Köln erst nach 37,8 Jahren aufgebraucht, bei täglicher Fahrt mit dem Auto schrumpft diese Zeitspanne auf 23,5 Jahre.“ In drei Orten im Rhein-Erft-Kreis dürfen sich Bus- und Bahnreisende ebenfalls über deutliche Ersparnisse freuen. In Hürth profitieren Käufer laut Modellrechnung 31,6 Jahre lang. Autopendler verfahren ihren Kostenvorteil bereits nach 17,1 Jahren. Brühl schafft es ebenfalls unter die drei besten Standorte für Berufspendler aus dem Kölner Speckgürtel. Wer mit dem ÖPNV unterwegs ist, bei dem ist das eingesparte Kapital dort rechnerisch nach 26,3 Jahren aufgezehrt, bei Autofahrern sind es 11,6 Jahre. Wer von Pulheim aus mit dem ÖPNV Richtung Köln unterwegs ist, hat nach 25 Jahren den Kostenvorteil aufgezehrt, bei Autofahrern dauert das 13,4 Jahre. Die Studienautoren weisen darauf hin, dass diese Berechnung gilt, wenn pro Haushalt eine Person täglich zur Arbeit pendelt und kein Homeoffice nutzt. Zudem wurden bei Kaufpreisen im Umland für die Berechnung 20 Prozent Preisaufschlag auf den Durchschnittspreis des Landkreises wegen einer verkehrsgünstigen, zentralen Lage hinzugerechnet.
Wer täglich mit dem Auto aus einem der umliegenden Landkreise oder einer der Städte in die Domstadt pendelt, hat in keinem der untersuchten Orte einen Kostenvorteil, der länger als 25 Jahre anhält. In der Mehrheit der untersuchten Regionen sind öffentliche Verkehrsmittel kostentechnisch auf Dauer die bessere Wahl. Lediglich in fünf untersuchten Städten bietet das Auto leichte Kostenvorteile gegenüber dem ÖPNV. Der größte Kostenvorteil, den Autofahrer im Vergleich zu ÖPNV-Nutzern haben, ist in Wesseling. Hier haben Autofahrer einen Kostenvorteil, der 1,8 Jahre länger besteht als bei Pendlern, die mit dem ÖPNV unterwegs sind. Für die 15 Kilometer, die man von dort aus nach Köln benötigt, rechnen die Studienautoren mit 20 Minuten Fahrtzeit, mit dem ÖPNV sind es 36 Minuten. Autofahrer in Wesseling verfahren ihren Kaufpreisvorteil in 14,2 Jahren, ÖPNV-Nutzer bereits nach 12,4 Jahren. Vergleichsweise gering sind die Kaufpreisvorteile in Wermelskirchen (Rhein-Bergischer-Kreis). Dort haben Autofahrer nur 5,4 Jahre lang einen Kaufpreisvorteil, wenn sie eine Wohnung im Kölner Umland beziehen. Bei ÖPNV-Nutzern sind es nur 4,3 Jahre.
Kaufpreisvorteile bei 120 Quadratmetern größer
Bei den Berechnungen mit Wohnungen, die 120 Quadratmeter groß sind, fallen die Kaufpreisvorteile für die Menschen, die sich für das Kölner Umland entscheiden, deutlich größer aus. In fünf Städten und Gemeinden haben Pendler die Möglichkeit, über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren vom günstigeren Kaufpreis zu profitieren. In weiteren fünf Orten liegen die Werte immer noch bei mehr als 25 Jahren, bis die Kosten für das tägliche Pendeln zur Arbeit den Preisvorteil vollends aufgezehrt haben. „Und das selbst dann, wenn für eine zentral gelegene Wohnung im Speckgürtel 20 Prozent mehr veranschlagt werden als im jeweiligen kreisweiten Durchschnitt“, wie die Studienautoren schreiben. Den größten Vorteil gibt es auch hier in der kreisfreien Stadt Leverkusen. Der ÖPNV-Kostenvorteil, der sich mit einem Umzug ergibt, liegt bei 64,8 Jahre, Autofahrer profitieren über 40 Jahre lang. „Pendler*innen sind oft finanziell bessergestellt als Stadtbewohner*innen, wenn sie für Familie oder Hobby ohnehin mehr Platz benötigen. Ist zudem im Umland noch Homeoffice möglich, steigen die Chancen, dass sich der Umzug rechnet“, sagt Daniela Bellinghausen, Regionalbereichsleiterin und Mitglied der regionalen Geschäftsleitung Süd-West von der Postbank Immobilien GmbH. „Immobilieninteressent*innen sollten vor dem Wohnungskauf im Umland alle Aspekte einbeziehen. In einigen Fällen kann der Erwerb in der Stadt trotz höherer Preise die bessere Wahl sein, weil mehr Zeit für die Familie oder Freizeit bleibt.“
(Christian Esser)