Köln gilt bundesweit als „bunte“ und weltoffene Metropole. Der Kölner an sich sagt was ihm passt oder nicht! Mal als rheinische Frohnatur – beispielsweise in den zahlreichen Liedern über die Domstadt oder im Karneval. Mal kreativ und bunt – wie beispielsweise beim CSD – oder auch ganz unverblümt, laut und provozierend. Zu den Letzteren zählen dabei auch die zunehmende Anzahl an (Massen-) Demonstrationen, die in der Rheinmetropole stattfinden: Ob „Pro Türkei“, „Gegen Erdogan“, „STOPPT CETA / TTIP“ oder gerade aktuell zum AfD-Bundesparteitag. Diese sind wichtig und gehören zu einer Demokratie. Freiheit, Toleranz und Weltoffenheit zählen zu den höchsten Gütern, welche gelebt und verteidigt, ein soziales und multikulturelles Miteinander bilden.
(Massen-) Demonstrationen belasten Köln zunehmend
Allerdings belastet die Vielzahl an Demonstrationen, Kundgebungen und Aufmärschen Köln auch immer mehr. Mittlerweile führen diese Massenkundgebungen zu besorgten Gesichtern bei Besuchern, Geschäftsleuten und natürlich auch bei den Bürgern. Gewalttätige Auseinandersetzungen und Anfeindungen der Meinungsgegner – sowohl im linken als auch im rechten Spektrum – bei diesen „Veranstaltungen“ haben eine absolut abschreckende Wirkung. Enorme Sicherheitsmaßnahmen mit einem riesigen Personalaufwand. Straßensperrungen welche die halbe Innenstadt blockieren oder umfangreiche Kontrollen. Die hieraus resultierenden erheblichen Einschränkungen des öffentlichen Lebens in der Stadt stellen nicht nur die Polizei- und Ordnungskräfte vor enorme Herausforderungen. Und das, obwohl Köln als Millionenstadt jede Menge Erfahrungen mit Großveranstaltungen hat.
Gewiss haben diese Mechanismen alle ihre Berechtigung, doch die (Außen-) Wirkung Kölns als Einkaufs-, Ausflugs- und Reiseziel – vor allem aber als Heimat – leidet darunter sehr. Ob und wie lange die Domstadt dies ohne signifikante Einbußen aushalten kann ist ungewiss. Schließlich liegen die Alternativen in einer der dicht besiedelten Regionen Europas im direkten Umfeld.
Da können Stadtverwaltung, Polizei und Politik gemeinsam und erfolgreich daran arbeiten, die Sicherheit der Bürger und Besucher bei solchen Massendemonstrationen zu gewährleisten – an den massiven Beeinträchtigungen ändert das nichts. Mit Sicherheit spielt hier auch die allgemeine Bedrohungslage durch Terrorismus und der Gefahr von Anschlägen eine wichtige Rolle.
Doch wie weit sollte oder darf die Einschränkung für die Allgemeinheit gehen, damit die Meinungsvertreter ihre Anliegen vortragen können? Wieviel muss toleriert werden – wo liegt die Grenze? Einfache Antworten auf diese Fragen werden auch in Zukunft nicht leicht zu finden sein. Diese sollten aber von allen Beteiligten beobachtet, analysiert und angegangen werden.
Massive Beeinträchtigungen im Handel, Gastronomie und Tourismus
Diese Demonstrationen mit einer Größenordnung ab 20.000 Teilnehmern sorgen auch dafür, dass in der Stadt der stationäre Handel, Hotellerie und Gastronomie in ihren Abläufen massiv beeinträchtigt werden. Touristenmagnete oder die zahlreichen Kultur- und Freizeitangebote werden zu Gunsten des Sicherheitsgefühls zu Hochsicherheitszonen. Besonders in der Wirtschaft sind die Ausmaße sichtbar. Vor allem den Handel treffen an diesen Tagen hohe Frequenzverluste, was der Branche noch weiter zusetzt.
Dazu sagt Helmut Schmidt, Vorstandsvorsitzender von Stadtmarketing Köln: „Wie das Institut für Handelsforschung Köln in seiner aktuellen Studie gerade wieder festgestellt hat, ist der schärfste Konkurrent des stationären Handels nicht das Internet, sondern die Nachbargemeinde. Und gegen die wird sich die Domstadt weder als Einkaufs- noch als Reiseziel auf Dauer durchsetzen, wenn überwiegend Massendemonstrationen die Wahrnehmung von Köln über die eigenen Grenzen prägen. Die vielen Anstrengungen der Partner in der Stadt, die Rheinmetropole in seiner gesamten Attraktivität zu stärken, wird dadurch jedenfalls nicht gerade befördert. Viele finanzielle und personelle Ressourcen bleiben ungenutzt.“
Und ergänzt weiter: „Für uns als Stadtmarketing geht es darum, unser Stadtleben weiterhin frei, tolerant und weltoffen gestalten zu können. Wir wollen gerade dadurch die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität Kölns nicht nur erhalten, sondern weiter stärken.“
Die Frage ist, wie viele Großveranstaltungen die Kölner und ihre Stadt auf Dauer vertragen, ohne dass dies zu Lasten unserer Identität oder unserer offenen Gesellschaft geht und das Image von Köln über seine Grenzen hinaus weiter beschädigt.
Ausführliche Informationen zu den Demonstrationen, Sperrungen und Einschränkungen im Verkehr und weitere Hintergrundberichte zum AfD-Bundesparteitag in Köln finden Sie bei unserem Medienpartner CityNEWS.
(Matze Ehlers)