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Koelnmesse – Globaler Marktplatz im Wandel

Interview mit Gerald Böse, Vorsitzender der Geschäftsführung der Koelnmesse

by Redaktion

Gerald Böse ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Koelnmesse, die weltweit zu den zehn erfolgreichsten Messegesellschaften gehört. Seit 15 Jahren navigiert er das Unternehmen durch wirtschaftliche Höhen und Tiefen. Ob Pandemie, die Herausforderung einer zunehmenden Digitalisierung oder millionenschwere Projekte wie das Confex – im Gespräch mit DIE WIRTSCHAFT KÖLN verrät er, wie es der Koelnmesse in all diesen Situationen gelingt, den richtigen Weg zu finden.

DIE WIRTSCHAFT: Während der Pandemie gab es für Ihre Branche – von kleinen Pausen abgesehen – eine 1,5-jährige Phase, die einem Berufsverbot gleichkam. Während viele Abteilungen der Koelnmesse in Kurzarbeit geschickt wurden, mussten andere umso intensiver die Stellung halten und sich um die Absage von geplanten Messen kümmern und künftige Messen vorbereiten, ohne sicher zu wissen, ob diese wirklich stattfinden können. Wie ist es Ihnen in dieser Zeit gelungen, alle Mitarbeiter bei Laune zu halten? Sowohl die, die nicht arbeiten durften, als auch die, die umso intensiver gearbeitet haben?

Gerald Böse: Die Pandemie hat uns mitten in einem erfolgreichen Wachstumskurs gepackt und plötzlich ging eine Achterbahnfahrt ohnegleichen los. Immer wieder haben wir Gas gegeben, um den Berg hochzukommen. Nahezu jede einzelne Messe wollten wir an den Start bringen. Immer und immer wieder mussten wir verschieben, oft genug irgendwann absagen. Nicht nur unsere Mitarbeitenden, auch unsere Kundinnen und Kunden mussten diese Berg- und Talfahrt mitmachen.

Wir sind über die gesamte Zeit in Kontakt mit unseren Teams in Köln und weltweit geblieben. Was uns zusätzlich Durchhaltevermögen und trotz allem einen positiven Spirit gegeben hat, waren die Aussicht auf die Zeit danach und das Wissen, dass Messen für viele Unternehmen der Königsweg sein werden, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie schnell zu überwinden. Zugleich wurde in nahezu allen Wirtschaftszweigen der Ruf nach Rückkehr zum direkten Austausch auf internationaler Ebene immer lauter. Es hat uns enorm motiviert, global agierenden Konzernen und insbesondere kleineren Unternehmen und Mittelständlern ihre Messen als Zugang zum internationalen Geschäft so schnell wie möglich zurückzugeben. Hier erfüllen wir als Veranstalter unsere Aufgabe als Motor und als Navigationssystem der Weltwirtschaft, gerade in Zeiten, in denen sich Waren- und Handelsströme neu sortieren müssen.

Krise als Chance genutzt, die Koelnmesse zu verändern

DIE WIRTSCHAFT: Seit dem letzten Lockdown 2022 konnten Veranstaltungen wieder stattfinden. Wie ist es Ihnen und Ihrem Team gelungen, nach circa 1,5 Jahren im permanenten Stand-by-Modus wieder in den ursprünglichen permanenten Workflow zurückzukehren?

Gerald Böse: Zunächst einmal stimmten die Rahmenbedingungen: Dank frühzeitiger Ausstattung der gesamten Belegschaft mit exzellenter mobiler Technik lange vor der Pandemie konnten wir unsere Arbeit von Anfang an von jedem Ort aus kreativ und kooperativ fortsetzen.

Dann war es uns wichtig, während der gesamten Pandemie auf Betriebstemperatur zu bleiben, um so bald wie möglich wieder Messen zu machen. So haben wir unter anderem bereits 2020 eine ganze Halle pandemietauglich aufgebaut und unseren Kundinnen und Kunden, aber auch den Gesundheitsbehörden unsere Maßnahmen vorgeführt. Für die Entwicklung und Umsetzung des sog. #B-SAFE4business-Konzepts wurden wir im Juli 2022 sogar mit dem „Operations and Services Award“ des Messe-Weltverbands UFI ausgezeichnet.

Auf Hochtouren lief auch unser Neugeschäft im In- und Ausland, sodass wir insgesamt 14 Neuveranstaltungen für 2022 und die Folgejahre entwickelt oder akquiriert haben. Diese Erfolge in Zeiten der Krise unterstreichen sowohl die Relevanz von Messen im Allgemeinen als auch die Qualität unseres Kölner Messestandorts und unserer internationalen Messenetzwerke.
Zudem haben wir die Zeit genutzt und die digitale Transformation unserer Veranstaltung vorangetrieben. Auf diese Weise haben wir die Krise als Chance genutzt, uns und unsere Messe zu verändern und auf die Zeit „danach“ auszurichten.

Und auch unser Investitionsprogramm Koelnmesse 3.0 haben wir weiter vorangetrieben. Den Neubau der Halle 1 und unserer Messe-, Kongress- und Eventlocation Confex, die ab 2024 öffnet, haben wir unter dem Eindruck der Pandemie mit Nachdruck verfolgt und konnten schon im November 2022 Richtfest feiern.

DIE WIRTSCHAFT: 2019 war für die Koelnmesse finanziell betrachtet das bislang umsatzstärkste Jahr. Aufgrund dessen haben die vergangenen Jahre zwar für wirtschaftliche Einbußen gesorgt, die Messe jedoch nicht nachhaltig schädigen können. Wann rechnen Sie damit, dass sich die Koelnmesse von den finanziellen Nachwehen der Pandemie wieder vollständig erholt haben wird?

Gerald Böse: Einen nachhaltigen Schaden konnten wir auch dank unserer Gesellschafter bis jetzt verhindern. Wir rechnen für das zurückliegende Geschäftsjahr mit einem Umsatz von rund 237 Millionen Euro und steigern uns deutlich gegenüber dem Vorjahr. Denn trotz schwieriger Zeiten hatten wir endlich wieder ein nahezu volles Programm und haben zahlreiche Premieren im In- und Ausland gefeiert. Eines wurde dabei ganz deutlich: Unsere Kundinnen und Kunden wollen wieder in die Hallen. Daher sind wir zuversichtlich, dass wir schon 2025 wieder unsere Top-Umsätze aus der Vor-Corona-Zeit erreichen, sofern es keine neuen, globalen Hiobsbotschaften gibt.

DIE WIRTSCHAFT: Haben Sie dafür eine Strategie oder einen konkreten Plan? Wenn ja: Wie sieht die/der aus?

Gerald Böse: Wir setzen weiter auf unsere strikte Kostendisziplin und unsere Kompetenzfeldstrategie. Ansonsten machen wir das, was wir am besten können: Messen! Und dies mit Teamgeist und Innovationskraft. Angereichert mit einer gehörigen Portion Vertrauen – Vertrauen in unser eigenes Team, in unsere Partner und nicht zuletzt in das Format Messe. Dafür haben wir zum Beispiel in den vergangenen beiden Jahren unsere Kompetenzfelder in Köln neu gedacht und zugleich verstärkt ins Ausland gebracht. Dazu gehören die Branchen Ernährung und Ernährungstechnologie, Möbel, Einrichten und Design sowie digitale Medien, Unterhaltung und Mobilität. So kommen die Kernthemen der Koelnmesse in die Märkte weltweit und unsere Kunden profitieren rund um den Globus von dem gewohnten Koelnmesse-Service. Das sichert nachhaltig unseren Erfolg – davon bin ich überzeugt.

Maßgeschneiderte digitale Lösungen für die Koelnmesse

DIE WIRTSCHAFT: Thema Digitalisierung: Schon vor der Pandemie gab es bei der Koelnmesse – etwa im Rahmen der gamescom – erste Digitalisierungsversuche. Während der Pandemie war dies ein großer Vorteil der Koelnmesse gegenüber Wettbewerbern. Welche Rolle spielt Digitalisierung aktuell bei Ihrer Messeplanung?

Gerald Böse: Wir verfolgen zwei Entwicklungsschwerpunkte: Zum einen bauen wir digitale Produkte, die unsere klassischen Messen ergänzen und für unsere Kundinnen und Kunden noch erfolgreicher machen. Dazu gehört zum Beispiel unsere App zur Leadgenerierung Lead+Meet zur IDS. Zum anderen entwickeln wir digitale Produkte, die den physischen Veranstaltungszeitraum verlängern.

Und das kommt gut an: Bei den auch digital durchgeführten Veranstaltungen haben im Durchschnitt 85 Prozent aller Messebesucher die Messe auch digital besucht, bei einer Wiederkehrrate von durchschnittlich 4,4-mal. Das ist ein Riesenerfolg und zeigt, wie sehr unsere digitalen Ergänzungen von den Kunden geschätzt werden!

Wir haben vieles ausprobiert: digitale, hybride und rein analoge Veranstaltungen, Liveevents und digitale Eventplattformen, digitale Angebote parallel, versetzt und über einen Zeitraum von wenigen Tagen bis zu zwölf Monaten. Wir wissen nun, dass es kein gleiches Muster für alle Messen und alle Branchen gibt, sondern ausschließlich maßgeschneiderte Lösungen, die nur funktionieren, wenn sie einen Mehrwert für unsere Kunden bieten und wirtschaftlich positiv von uns erbracht werden können.

Wir haben den Anspruch, unseren Besuchern und Ausstellern immer neue Impulse für das optimale Business zu bieten. Sowohl auf dem Gelände in Köln als auch im Netz liefern wir unseren Kunden digitale Services als Ergänzung zum Liveevent und erweitern so die Reichweite unserer Veranstaltungen. Daraus entstehen neue Chancen für Käufer und Verkäufer. Digital Signage und Geofencing stärken das Liveerlebnis vor Ort. Unseren Kunden bieten wir so zusätzliche Kanäle zur Ansprache bestehender, aber auch neuer Zielgruppen.

DIE WIRTSCHAFT: Welche Chancen, aber auch Gefahren sehen Sie für die Messebranche in Hybridveranstaltungen?

Gerald Böse: Hybride Veranstaltungen bieten unserer Kundschaft und unseren Besucherinnen und Besuchern eine größere Flexibilität und weltweite Verfügbarkeit. So werden wir nahbarer und bringen die Messen zu unseren Kunden ins Büro und ins Arbeitszimmer zu Hause. Dadurch kann natürlich die Reichweite einer Messe erhöht werden. Somit können wir über hybride Veranstaltungen potenzielle Neukundinnen und -Kunden gewinnen. Dennoch haben wir festgestellt, dass unsere Kundschaft wieder in die Hallen möchte und sich über jede Veranstaltung freut, die das ermöglicht.

Dabei ist es enorm wichtig, auf das Feedback aus dem Markt zu hören und nicht strikt an hybriden Veranstaltungen festzuhalten. So haben wir gelernt, dass unsere Kunden bereit sind, digitale Angebote wahrzunehmen, jedoch nicht zwangsläufig parallel zum Liveevent. Deswegen positionieren wir uns klar, indem wir die Zukunft nicht in Veranstaltungen sehen, bei denen die Teilnehmenden zeitgleich teils auf dem Gelände und vor den Bildschirmen sind. Digitale Ergänzungen zur physischen Präsenz in den Messe-Hallen sind hingegen unumgänglich, wenn man mit der jeweiligen Business Community ganzjährig im Kontakt bleiben möchte.

DIE WIRTSCHAFT: Gibt es inzwischen zu jeder Messe, die in der Koelnmesse stattfindet, auch ein digitales Angebot?

Gerald Böse: Es gibt kein „one size fits all“. Vielmehr wird es je nach dem Bedarf der Branchen sehr unterschiedliche Lösungen geben: von der 365-Tage-Variante bis zur Beschränkung auf das Liveevent, das vor Ort digital unterstützt wird. So werden wir beispielsweise die Internationale Dentalschau IDS mit Digitalfeatures vor Ort aufladen, zur kommenden Spring Edition der imm cologne planen wir eine Multi-Channel-Lösung, bei der wir zum einen digitalen Mehrwert durch Services auf dem Gelände, zum anderen einen zusätzlichen Nutzen durch die Erweiterung der Community und der Präsenzzeit außerhalb der Messetage bieten.

Die Zukunft der gamescom

Die gamescom 2022 war nach der Pandemie das erste große Liveevent und ein großer Erfolg.

DIE WIRTSCHAFT: Apropos gamescom: Bei der letzten gamescom fehlten einige marktführende Zugpferde unter den Ausstellern wie Nintendo oder Electronic Arts. Was die Anzahl der Aussteller anbelangt, wurde dies geschickt durch Indiegame-Studios und andere Teilnehmer kompensiert. Inwiefern hat sich dieser veränderte Schwerpunkt auf das Gesamterlebnis gamescom ausgewirkt?

Gerald Böse: Die gamescom 2022 war nach der Pandemie das erste große Liveevent in diesem Bereich und mit 265.000 Besucherinnen und Besuchern aus über 100 Ländern und 1.100 Ausstellenden ein großer Erfolg. Im Jahr 2022 haben wir lediglich 10 Prozent weniger Aussteller als 2019 verzeichnet, was kaum eine Veranstaltung nach Covid geschafft hat. Zudem waren mit Unternehmen wie Hoyoverse, KRAFTON und Tencent einige große, internationale Akteure der Games-Branche dabei, die zuvor noch nie auf einer gamescom waren. Andere wiederum wurden aufgrund der Pandemie mit Verzögerungen in ihren Produktentwicklungszyklen konfrontiert und mussten Veröffentlichungen verschieben, was sich wiederum auf ihre Vor-Ort-Präsenz ausgewirkt hat.

DIE WIRTSCHAFT: Ist schon abzusehen, ob die Abstinenz dieser großen Marken von temporärer Natur war, oder befindet sich die gamescom in einem strukturellen Wandel?

Gerald Böse: Games sind das Herz der Popkultur und die damit verbundenen Facetten soll eine gamescom abbilden. Unseren erfolgreichen Weg auf allen digitalen Kanälen konnten wir fortsetzen und weltweit so viele Menschen wie noch nie erreichen. Daran knüpfen wir 2023 mit zum Beispiel der digitalen Weiterentwicklung der gamescom als Live- und Online-Festival an – die Zukunft der gamescom bleibt hybrid.

DIE WIRTSCHAFT: Sie sind seit knapp 15 Jahren an der Spitze der Koelnmesse. Inwiefern haben Sie in dieser Zeit das Unternehmen geprägt?

Gerald Böse: Als ich 2008 zur Messe Köln kam, befand sich das Unternehmen wirtschaftlich und vom Portfolio her in einer existenziellen Schieflage. Mit einem umfassenden Effizienzprogramm und einer durchgreifenden Reorganisation haben wir das Unternehmen Stück für Stück auf Kurs gebracht und in den Kreis der drei erfolgreichsten Messegesellschaften Deutschlands und in die TOP 10 weltweit zurückgeführt. Die Jahre vor der Pandemie bis 2019 waren die bis dahin umsatz- und gewinnstärksten in der Unternehmenshistorie – und da wollen wir 2025 wieder anschließen.

Darüber hinaus liegt mir die Internationalisierung der Koelnmesse am Herzen, also unsere internationalen Messenetzwerke, die wir zur Abdeckung unserer Kernthemen weiter global ausbauen. Allein 2022 haben wir im Ausland 18 Messen organisiert. Neue Formate folgen, zum Beispiel in unserer Fokusregion Asien. Aber wir expandieren auch auf anderen Kontinenten, etwa in Nordamerika, wo wir Mexiko neu für uns erschließen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Nutzung der digitalen Transformation für neue Geschäftsmodelle der Koelnmesse. Aufgrund der strategischen Bedeutung der digitalen Transformation für unser Unternehmen haben wir im Jahr 2020 seitens der Geschäftsführung entschieden, einen neuen Geschäftsbereich digital zu installieren, und setzen die digitale Weiterentwicklung unseres Unternehmens konsequent fort.

Ich schaue ständig, wo wir auf dem Gelände, in den Hallen, in der Verkehrsführung das Besuchererlebnis verbessern können. Hier in Köln investieren wir seit 2015 konsequent in die physische Infrastruktur. Mein Hauptaugenmerk für das laufende und die nächsten Jahre liegt auf Maßnahmen, die das Messegeschäft nachhaltiger machen, in den Bereichen, die wir als Veranstalter und Geländebetreiber selbst beeinflussen können.

Dabei ist mir bewusst, dass die Koelnmesse vor allem dann stark ist, wenn wir starke Mitstreiter in der Stadt und der Region haben: Mir ist es ein Herzensthema, das gemeinsame Standort- und Tourismusmarketing von Köln und NRW zu unterstützen.

Faszination Messe

Seit fast 15 Jahren prägt Gerald Böse die Entwicklung der Koelnmesse und hat eine klare Vision für die Zukunft.

DIE WIRTSCHAFT: Sie arbeiten bereits seit Ihrem Studienabschluss in der Messebranche und haben sich innerhalb dieser schnell an die vorderste Front hochgearbeitet. Was fasziniert Sie an dieser Welt?

Gerald Böse: Da gibt es so einiges: 1989, also mittlerweile vor über drei Jahrzehnten, bin ich nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre als Trainee bei der Messe München gestartet. Da wurde mein Messefieber entfacht. Ich bin noch immer fasziniert von der Internationalität der Besucher und Aussteller, von der einzigartigen Möglichkeit, Menschen aus der ganzen Welt für einen kurzen Zeitraum mit einem gemeinsamen Ziel zusammenzubringen. Messen sind und bleiben die Plattform für Innovationen und Welthandel. Und es geht immer weiter. Das Format von Messen entwickelt sich, digitale Transformationen ergänzen etablierte Geschäftsmodelle, nur eins bleibt: Menschen sind soziale Wesen, möchten zusammenkommen, einander kennenlernen, Produkte hautnah erleben und in den Austausch treten. Dafür stehe ich jeden Morgen auf.

DIE WIRTSCHAFT: Nach mehr als 30 Jahren Messeerfahrung, mehreren Wirtschaftskrisen, Pandemie inklusive Veranstaltungsverbot und dem aktuellen Angriffskrieg auf die Ukraine mit einhergehender Energiekrise und der höchsten Inflation seit 70 Jahren: Gibt es irgendetwas, was Sie noch schocken oder aus der Bahn werfen könnte?

Gerald Böse: Die aktuelle Weltlage mit all ihren Besonderheiten hat mich und das gesamte Unternehmen extrem gefordert, uns aber auch angespornt. Mit Erfolg: In diesem Jahr stehen alle Zeichen auf Durchführung und wir sind realistisch optimistisch ins neue Jahr gestartet.

Und trotz aller Herausforderungen gibt uns auch die aktuelle Lage einmal mehr die Chance zu beweisen, dass Messen als Marketinginstrument und Brückenbauer für ganze Industrien immer wieder überzeugen. Und so hat sich das Instrument Messe durch die Pandemie sicher verändert und tut es noch – und ist doch nicht wegzudenken.

DIE WIRTSCHAFT: Was ist Ihr Tipp, um als Führungskraft auch in herausfordernden Zeiten einen kühlen Kopf zu bewahren?

Gerald Böse: Die letzten Jahre waren in der Tat nicht einfach. Auf eine Krise folgte die nächste, da muss man einen kühlen Kopf bewahren. Da hilft sicher die lange Erfahrung, aber auch ein Top-Managementteam. Aber die Last der Verantwortung wiegt natürlich auch auf mir schwer. Wir wollten in der Krise niemanden entlassen müssen – dieses Ziel haben wir erreicht, und darauf bin ich durchaus stolz. Das schafft aber natürlich keine Führungskraft allein. Ich konnte mich zu jedem Zeitpunkt auf ein starkes Team verlassen. Seien es ad hoc einberufene Krisenstäbe oder fest etablierte Bereichsteams – jede und jeder hat mit angepackt. Wichtig für diese starke Teamleistung war sicherlich auch gute Kommunikation, also transparent und regelmäßig. Was mir außerdem gutgetan hat: bei aller Ernsthaftigkeit das Lachen nicht zu vergessen und Erfolge auch zu feiern.

DIE WIRTSCHAFT: Lassen Sie uns noch einen Blick in die Zukunft wagen: 2024 feiert die Koelnmesse ihr 100-jähriges Jubiläum – planen Sie in diesem Rahmen besondere Veranstaltungen?

Gerald Böse: Das werden wir in jedem Fall tun, aber angesichts der Umstände angemessen. Wir werden unsere Tradition als Erfolgsunternehmen und den Standort feiern und zugleich einen Blick nach vorne werfen: Vor uns liegen spannende Zeiten! Highlight wird die Eröffnung und direkte Inbetriebnahme unseres „Confex“ sein. Nach dem Richtfest Ende 2022 fiebern wir der Fertigstellung – 2024 im Zeit- und Budgetplan – entgegen.

DIE WIRTSCHAFT: Parallel dazu soll das Confex eingeweiht werden, ein Conference- and Exhibition Center. Läuft hier trotz der aktuellen Umstände alles nach Plan oder wirkt sich die Rohstoffknappheit auf den Bau des Centers aus?

Gerald Böse: Sowohl terminlich als auch finanziell läuft beim Neubau des Confex bisher alles nach Plan. Generell verfolgen wir bei der langen Projektumsetzung unseres Investitionsprogramms bereits seit Jahren eine stringente, aber flexible Risiko- und Budgetsteuerung. So konnten wir auf Krisen, Preissteigerungen und andere Entwicklungen aktiv reagieren. Auch wenn dies – wie bereits in den letzten Jahren der Fall – zu Anpassungen bzw. Repriorisierung der Planungen führt. Seit Beginn des Masterplans Koelnmesse 3.0 bleibt eins unverändert: Wir bauen nur das, was wir uns leisten können.

Messen, Kongresse und Events – das Confex als multifunktionaler Veranstaltungsort

Das sich derzeit noch im Bau befindliche Confex wird zum multifunktionalen Veranstaltungsort und gilt als Blaupause für Messe- und Kongressformate der Zukunft.

DIE WIRTSCHAFT: Inwiefern unterscheidet sich das Confex von den bisherigen Messehallen? Welche Möglichkeiten bietet es und welche Veranstaltungen sollen dort stattfinden?

Gerald Böse: Das Confex steht in besonderer Weise für die Realisierung veränderter Anforderungen an das Messegeschäft und ist Blaupause für Messe- und Kongressformate der Zukunft. Durch eine flexible Bespielung seiner unterschiedlich großen Konferenzräume und im Zusammenspiel mit der neuen Halle 1 und dem angrenzenden Messegelände ermöglicht das Confex vielfältige Kombinationen von Messe, Kongress und Event und gibt damit Raum für neue Veranstaltungsformate jeglicher Art. Dabei können wir die besonderen Anforderungen an die Veranstaltungen der Zukunft hinsichtlich Flexibilität, Effizienz und Emotionalität bedienen. Den Anforderungen an mehr Nachhaltigkeit im Eventgeschäft kommen wir zum Beispiel durch die frühe Vorab-Vorzertifizierung in Platin durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen nach.

DIE WIRTSCHAFT: Messen und Ausstellungen waren in der Vergangenheit das beste Medium, um technische Innovationen erlebbar zu präsentieren. Im Zeichen der gravierenden Veränderungen im Bereich der digitalen Informationswege nicht nur im Käuferverhalten, wie sehen Sie die Zukunft der Messen und Ausstellungen im Zyklus von 10 bis 20 Jahren?

Gerald Böse: Die Zukunftsfähigkeit unserer Branche haben wir in Kooperation mit der Universität Münster in einer unabhängigen wissenschaftlichen Studie untersuchen lassen. Die Studie zeigt, dass trotz intensiver, digitaler Kommunikation der Wunsch nach persönlichem Austausch und dem haptischen Entdecken von Innovationen und Trends bestehen bleibt. Dies gilt branchenübergreifend. Ausschließlich digitale Formate sind keine dauerhafte Alternative zu physischen Messen. Grundsätzlich wird das Thema KI, Master Data Management und Technologie noch wichtiger für Liveevents werden. Speziell bei der Optimierung der Customer Journey.

DIE WIRTSCHAFT: Nachdem die Koelnmesse bereits bei der vergangenen Expo in Dubai die Organisation des Deutschen Messepavillons durchführen durfte, wurde sie für die Expo 2025 in Osaka vom Bundeswirtschaftsministerium erneut damit beauftragt – Herzlichen Glückwunsch! Dürfen Sie schon etwas über die Planungen für den Messepavillon verraten?

Gerald Böse: Vielen Dank! Es ist in der Tat eine große Ehre für uns, dass wir mit der Expo 2025 Osaka bereits zum dritten Mal in diesem Jahrtausend den deutschen Beitrag auf einer Weltausstellung für das Bundeswirtschaftsministerium organisieren dürfen. Das zeugt ja gerade im Anschluss an die Expo in Dubai vom Vertrauen des Auftraggebers in unsere Leistungsfähigkeit. Und die ist bei der kommenden Expo ganz besonders gefordert: Aufgrund der corona-bedingten Verschiebung der Expo 2020 in den Jahreswechsel 2021/2022 haben wir für die Vorbereitung der kommenden Expo rund ein Jahr an Zeit verloren. Das wird jetzt sportlich, bekommen wir aber auch hin.

Aktuell wird ausgelotet, welches Konzept, das heißt welches Ausstellungskonzept und welche Architektur, der Pavillon bekommen soll. Ich kann aktuell nur verraten, dass es nicht mehr allzu lange dauern wird, bis wir endlich kommunizieren können, wie der Deutsche Pavillon auf der Expo in Osaka aussehen wird.

DIE WIRTSCHAFT: Stichwort „Koelnmesse 2034“: Unter Ihrer Federführung hat die Koelnmesse es sich zum Ziel gesetzt, bis 2034 nachhaltig das attraktivste innerstädtische Messegelände weltweit zu werden. Das umfasst Investitionen in Höhe von 700 Millionen Euro, darunter auch das Confex. Warum glauben Sie, dass Köln der ideale Standort ist, um ein Projekt dieser Größenordnung anzugehen?

Gerald Böse: Erstmalig wird Köln mit dem neuen Confex über 6.000 Kongressgäste an einem Ort zusammenbringen können – und das in einem flexiblen Raum, der Live- und hybride Events auf weltweitem Spitzenniveau erlaubt. So schließen wir mit dem Confex in Köln ab 2024 endlich eine lange bestehende Lücke. Während in der Vergangenheit viele Veranstaltungen in dieser attraktiven Größenordnung in Köln nicht stattfinden konnten, sind wir bereits gemeinsam mit unseren Partnern in die Akquise neuer Veranstaltungen für den Standort eingestiegen und haben neue Zielgruppen für Köln begeistern können. Die Lage der Koelnmesse, als Citymesse im Herzen Europas, ist ein Riesenargument, auch in Zukunft. Unser ICE-Anschluss vor dem Confex und dem Haupteingang Süd setzt auch in puncto Erreichbarkeit und Nachhaltigkeit Maßstäbe. Nach der Messe kann man über die Brücke in die Kölner Altstadt auf ein Kölsch mit seinem Team oder Kunden laufen. Das ist doch unschlagbar, oder?!

(Jana Leckel)

 

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