Unternehmen

Diversity bringt Unternehmen voran: Start-ups mit Vorreiterrolle

[nextpage title=“Vielfältigkeit zahlt sich aus“]

Diversity bringt Unternehmen voran: Vielfältigkeit zahlt sich aus!
copyright: pixabay.com

Thomas Sattelbergers Auftritt anlässlich der Verleihung des 21. Gründerpreises der Wirtschaftsjunioren war eine flammende Rede und ein mitreißendes Stück Wirtschaftsentertainment zum Thema Diversity. Sein Ansatz: Diversität, also eine Vielseitigkeit in Sachen Mitarbeiter, aber auch hinsichtlich flexibler Arbeitszeitmodelle, tut Firmen gut.

Wer in seinem Lebenslauf Mercedes-Benz und Lufthansa, Continental und die Telekom, also die Hochkaräter der deutschen Wirtschaft, stehen hat, darf ruhig ein wenig lauter werden. In führenden Positionen als Teil des Vorstands zumeist mit Personalangelegenheiten beschäftigt, treibt den heute 68-jährigen Thomas Sattelberger vor allem ein Thema an: Diversity. Auf gut Deutsch Diversität, was das Wort zwar übersetzt, aber nicht erklärt. Vielfalt oder Vielseitigkeit kommen der Sache recht nah, und der anerkannte Personaler Sattelberger ist überzeugt davon, dass Vielfalt bei der Personalauswahl absolut gut ist für die Unternehmenskultur – und damit auch für den Erfolg

Zehn Prozent aller Mitarbeiter sollten Querdenker sein

Thomas Sattelberger, engagierter Befürworter von Diversität in Unternehmen
copyright: Die Wirtschaft Köln / Heribert Eiden


„Wir brauchen mehr Rebellen in den Chefetagen“, so sein Credo, laut vorgetragen, eine Hand am Rednerpult, in der anderen Hand seine Brille, die dem Rhythmus seiner Worte in kurzen Bewegungen folgt. „Gute Unternehmen sind Talentbiotope: Quoten für Diversity höchstens Türöffner oder gar Ablenkung“, war sein Vortrag überschrieben. Was gute Unternehmen ausmacht: Sie brauchen Querdenker, Seiteneinsteiger, Studienabbrecher, Multikulti in der Belegschaft – und das auf allen Ebenen.

Insbesondere in den Chefetagen. Mindestens zehn Prozent aller Mitarbeiter sollten Querdenker, wenn nicht gar Querköpfe sein, die eben den Mut haben, das auszusprechen, was alle anderen nur denken. Die den kürzesten Umweg nehmen, die wieder vermehrt die Interessen und Anregungen der Mitarbeiter aufnehmen. Denn ein Führungsstil, der auf ein Miteinander abzielt, hat in den vergangenen Jahren deutlich nachgelassen. Effizienz und Umsatzdruck, Kosten und Erlöse stets im Fokus – da bleibt für Austausch und Gespräche wenig Zeit.

Segeln am Nachmittag, Homeoffice am Abend

Sattelberger selbst ist so ein Querdenker. Als Teile der Belegschaft der Motoren- und Turbinen-Union München/Friedrichshafen (MTU) die Nachmittage für Freizeitaktivitäten wie Segeln auf dem Bodensee nutzen und dafür in den Abendstunden Arbeit im Homeoffice erledigen wollten, war zunächst das Misstrauen groß. Aber die Probe aufs Exempel wurde zum Erfolg, deutliche Steigerungen in verschiedenen Unternehmensbereichen waren ablesbar. Und als nach den Anschlägen auf das World Trade Center im September 2011 alle Airlines weltweit ins Trudeln gerieten, war es Thomas Sattelberger, der für die Lufthansa mit seinem Team eine Vielzahl an Arbeitszeitmodellen aus der Taufe hob, um Kündigungen zu umgehen.

[nextpage title=“Richtige Ansätze kommen aus der Gründerszene“]

Die richtigen Ansätze zur Diversity kommen aus der Gründerszene
copyright: pixabay.com

Aber Sattelberger sieht in Deutschland eine enorm große und wichtige Gründerszene, aus der die richtigen Ansätze kommen und die jede Menge Vielfalt in die Arbeitswelt bringen. Dynamische Start-ups aus dem IT-Bereich, kreative Geister aus dem Marketing, eher freiheitsliebende Spezialisten aus traditionellen Branchen, die ihr Können, ihr Handwerk oder Geschick in die Zukunft tragen.

Die brauchen aber keine hierarchischen Strukturen. Außerdem sind sie nicht mehr an ihren Arbeitsort gebunden. Der IT-ler kann von jedem Ort der Welt für jeden Arbeitgeber programmieren. Wer Kreative an der kurzen Leine hält und ihnen keine Freiheiten bezüglich Arbeitsort und -zeit gibt, wird sich mit Personal aus der zweiten Reihe abfinden müssen.

Das, was Sattelberger mit Erfolg bei MTU eingeführt hat, ist Teil einer Reihe von Maßnahmen der Diversity. Seine Forderungen an eine schöne neue Arbeitswelt sind flexible Arbeitszeit- und Arbeitsortmodelle gerade für die digitale Wirtschaft, der Abschied von ins Korsett gezwängte Arbeitzeiten und nicht zuletzt die Anerkennung mobiler Arbeit verbunden mit der Forderung, dass Eingriffe in die Privatsphäre zwecks Überwachung unterbleiben.

Diversity? 30 Prozent Frauenquote erst in über 20 Jahren

Doch wie schwer sich Deutschland bei der Umsetzung in Sachen Vielfalt und Gleichbehandlung tut, zeigt sich an einer alten Forderung des Münchners Sattelberger, der kürzlich für die FDP erstmals in den Bundestag gezogen ist. Die Frauenquote in den Vorstandsetagen sollte auf 30 Prozent klettern. Das wird sie auch. Derzeit liegt sie bei sieben Prozent, und wenn es in dem eingeschlagenen Tempo weitergeht, ist das vorformulierte Ziel bereits in 23 Jahren erreicht.

Die Ausführungen von Thomas Sattelberger trafen wohl nicht so den Geschmack des Publikums, der KOMED-Saal im Mediapark war nur lückenhaft gefüllt. Voll hingegen war der Veranstaltungsort zuvor anlässlich der Verleihung des Gründerpreises der Wirtschaftsjunioren Köln. Der Preis wurde zum 21. Mal vergeben. Wer nun meint, Gründer gleich Start-up gleich digital und cool und das muss ja jemand aus der IT-Sparte sein, wurde in diesem Jahr eines Besseren belehrt. Denn den ersten Platz errangen Aaron Rahmlow von Lüpke und Justus Leopold. Gemeinsam gründeten sie mit Rahmlow ein Unternehmen, auf das der Spruch „Handwerk hat goldenen Boden“ trefflich passt.

Gründer mit natürlichem Selbstbewusstsein

Gewinner des Gründerpreis 2017 der Wirtschaftsjunioren Köln
copyright: ZWEILUX – Deiters & Hagedorn GbR, Andreas Hagedorn

Die Jury, darunter Hauptsponsoren wie die Kreissparkasse Köln, Sparkasse Köln Bonn und die Industrie- und Handelskammer zu Köln sowie ein Team der Wirtschaftsjunioren, war besonders beeindruckt von der Grundidee der beiden Gründer. Designermöbel des verstorbenen Vaters Rolf Rahmlow aus den 1980er-Jahren zurückzubringen sowie eine eigene junge Möbellinie zu kreieren. Die Idee, an die Erfahrungen und den Erfolg der vorherigen Generation anzuknüpfen, hat die Jury überzeugt. Und vor allem das daraus resultierende natürliche Selbstbewusstsein der Gründer und das Vertrauen in ihr Produkt. Andere mögen stärker wachsen und schneller Umsatz und Gewinne steigern, aber die Vorstellung von Produkt, Geschäftsidee und den engagierten Menschen, die dahinterstehen, hat die Jury eingenommen.

Die zwei Gründer produzieren hochwertige Möbel aus nachhaltigem Rohstoff, stärken die regionale Wirtschaft durch Zusammenarbeit mit kleinen Schreinereien und fördern die regionale Kreativbranche im Raum Köln und NRW. Sie überzeugten die Jury mit einer spannenden Geschichte, der fachlichen Kompetenz und ihrer Gründerpersönlichkeit. Unter den zahlreichen Bewerbungen mit einer breiten Themenvielfalt haben sich von sechs Finalisten insgesamt drei Gewinner mit ungewöhnlichen Ideen und soliden Konzepten durchgesetzt. Der mit 3.000 Euro dotierte Gründerpreis wurde im Rahmen der Bundeskonferenz der Wirtschaftsjunioren Deutschland in Köln vergeben.

Möbel-Start-up vor dem „Café ohne Worte“

„Wir sind total überwältigt, dass wir den diesjährigen Gründerpreis der Wirtschaftsjunioren gewonnen haben. Dass unser Möbel-Start-up mit Geschichte in Zeiten der Digitalisierung so Anklang findet, ehrt uns wirklich sehr!“ Die zwei Gründer wollen beweisen, dass Sprüche wie „brotlose Kunst“ oder „brotloses Design“ nicht der Realität entsprechen, wenn man kreative Projekte unternehmerisch, mit einem durchdachten Konzept und strategischer Weitsicht angeht.

Der zweite Preis ging an Frederike Höfermann und Lukas Haffner, an die Agentur Café ohne Worte. Ihr Start-up beschäftigt sich mit dem Ansatz, eine breite Bevölkerung für die Gebärdensprache zu begeistern und Beschäftigungsmöglichkeiten für Gehörlose zu schaffen. Die Gründer bietet Gastronomen und Unternehmen Pakete für Events an, z. B. Pop-up-Events, bei denen Kellner gehörlos sind. Ganz im Sinne von Diversity machen sie damit deutlich, dass Gehörlose problemlos auch in Berufsfeldern mit Kundenkontakt arbeiten können. Höfermann und Haffner planen, Unternehmen mittelfristig in Inklusionsprozessen fachkundig und erfolgsorientiert zu begleiten.

Den dritten Preis hatten sich die vier Gründer von Afilio verdient. Die Unternehmensidee: im Internet eine Vorsorgeplattform für über 50-Jährige anzubieten mit allen wichtigen Dokumenten auf einen Blick: Verfügungen, Vollmachten zum Vorsorge- und Nachlassmanagement.

Beim Gründerpreis geht es nicht nur um Fakten und Businesspläne, sondern vor allem um die Unternehmerpersönlichkeit. Denn wer beim Gründerpreis mit Persönlichkeit begeistern kann, gewinnt auch langfristig im Kundenkontakt, betonen die Wirtschaftsjunioren Köln, selbst junge Unternehmer oder Führungskräfte. Sie setzen sich stetig dafür ein, dass mehr Menschen im Land Unternehmer werden. Und dafür, dass sich Gründer auf ihre Geschäftsidee konzentrieren können, ohne dass unnötige Bürokratie oder mangelndes Kapital den Weg in die Selbstständigkeit verbauen.

[box type=“info“ align=““ class=““ width=““]Weitere Infos zum Gründerpreis der Wirtschaftsjunioren finden Sie hier: www.wjkoeln.de[/box]

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