Genuss

Die neuen Sterne sind da

Am 26. März 2024 wurden vom Restaurantguide Michelin die Sterne 2024 feierlich verkündet. Mit zwölf Sternerestaurants steht Köln an der Spitze aller Städte NRWs. Das einzige Zwei-Sterne-Restaurant in Köln ist das Ox & Klee des Sternekochs Daniel Gottschlich.

Zehn Restaurants erhielten wieder einen Stern, und zwar das astrein, La Cuisine Rademacher, La Societé, maiBeck, Maximilian Lorenz, NeoBiota, Pottkind, Sahila, Taku und Zur Tant. Das Alfredo ist nicht mehr dabei. Le Moissonnier wollte nicht mehr bewertet werden, um der „Sternerei“ zu entkommen – und um mehr Freizeit zu haben, bietet Vincent Moissonnier auch nur noch ein Bistro-Konzept statt der Restaurantkarte an. Prompt erhielt er dennoch nun für Le Moissonnier Bistro auch einen Stern. Wir haben die Sternegewinner gefragt, wie sie ihre aktuelle wirtschaftliche Lage sehen und was für Pläne sie für die Zukunft haben.

Sternekoch Daniel Gottschlich

Das Ox & Klee ist ein modernes Gourmetrestaurant, das seit 2016 von Eigentümer und Küchenchef Daniel Gottschlich im Kölner Rheinauhafen im mittleren Kranhaus betrieben wird. Daniel Gottschlich antwortet uns: „Die Situation ist trotz der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation durchgehend positiv. Wir haben immer noch großen Zulauf, trotz oder eben weil wir uns im gehobenen Segment befinden. Wir sind froh, dass immer noch viele Menschen das nötige Kleingeld für Erlebnisse ausgeben. Vielleicht ist auch genau das der springende Punkt: Man kommt zu uns eben nicht nur, um einfach essen zu gehen, sondern um eine ganz besondere kulinarische Reise zu erleben. Das Konzept heißt ,Experience Taste‘.“

Sterneköchin Julia Komp

Julia Komp sagt: „Ich bin sehr dankbar für die vielen guten Gäste bei uns im Sahila Restaurant und in der Yu*lia Mezzebar, die über die letzten zwei Jahre Stammgäste geworden sind. Anfang des Jahres hatten wir etwas Angst vor einer Flaute wegen der Mehrwertsteuererhöhung – die hatte natürlich Auswirkung auf die Wirtschaftlichkeit des Restaurants. Zum Glück spüren wir erst jetzt in den Osterferien, dass unter der Woche doch mal ein Platz frei ist. Die größte Herausforderung für uns ist aktuell der Bezug der Ware: Möchte man beispielsweise einen besonderen Fisch, der geangelt wurde und nicht aus dem Schleppnetz kommt, braucht es eine logistische Meisterleistung, Nerven aus Stahl und ein großes Portemonnaie. Eine weitere Challenge sind die gestiegenen Personalkosten. Grundsätzlich glaube ich, dass es aufgrund von Fachkräftemangel und gestiegenen Einkaufskosten in Zukunft zwei Arten von Restaurants geben wird: Restaurants, die ihre Preise halten können, aber im Gegenzug auf mehr Convenience-Ware setzen. Und gehobene Restaurants, die ihre Preise erhöhen müssen, um weiterhin die Gäste mit handwerklicher Fähigkeit und großartigen Produkten zu begeistern. Die Gastronomie ist momentan ein Spagat zwischen kostendeckender Arbeit und guter Qualität. Da muss man als Gastronom auch schon mal innovativ werden: Wir versuchen die Preiserhöhungen beispielsweise im Rahmen zu halten, indem wir in der angrenzenden Mezzebar Yu*lia die gleichen Produkte verwenden und Lebensmittelverschwendung so reduzieren.“

Marlon Rademacher des Sternerestaurants Rademacher äußert: „Die aktuelle Situation unseres Restaurants ist trotz der Herausforderungen der letzten Zeit sehr stabil. Wir haben es geschafft, unsere Gäste weiterhin mit exzellenter Küche und erstklassigem Service zu begeistern, was sich auch in einer treuen Stammkundschaft widerspiegelt. Wir konnten unsere Position als eines der führenden Sternerestaurants in Köln festigen und arbeiten kontinuierlich daran, uns weiter zu verbessern.“

Michelin-Sterne geben Rückenwind

Jan Maier vom maiBeck sieht es so: „Die aktuelle wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage führt in den Sektoren ,Luxus und Vergnügen‘ zu einer vorsichtigen Haltung. Gäste halten die ein oder andere, nicht zwingend notwendige Ausgabe eher zurück. Die Auszeichnung im Guide Michelin hilft uns, bei den Gästen einen Vertrauensvorschuss zu erhalten, eine Gewissheit, dass sie etwas für ihr Geld bekommen. Wir sind dankbar und hoffen, durch eine zusätzlich traditionelle, konservative und transparente Preisgestaltung Gästen ein gutes Gefühl beim Ausgehen zu geben. Passend zur optimistischen Grundhaltung haben wir uns entschieden, just in diesen Tagen ein zweites Restaurant in Köln zu eröffnen, und freuen uns auf eine spannende kulinarische Bereicherung für diese Stadt. Das Otto Für Dich Köln liefert zeitgemäße authentische italienische Küche und Weine in edler Wohnzimmeratmosphäre.“

Sternekoch Maximilian Lorenz

Maximilian Lorenz vom gleichnamigen Sternerestaurant gibt folgendes Statement ab: „Die Lage in der gehobenen Gastronomie hat sich seit Corona nicht so erholt wie erhofft. Versprechungen seitens der Bundesregierung, die 7 Prozent MwSt. auf Speisen bestehen zu lassen, wurden nicht eingehalten. Corona, Strompreis, Inflation – besonders hoch bei Energiekosten und Lebensmitteln und Mieten, die an die Inflationsrate gekoppelt sind –, Krieg und seit Anfang des Jahres die Regulierung auf 19 Prozent Mehrwertsteuer, all dies belastet die Gastronomie sehr stark. Hinzu kommt, dass qualifizierte Mitarbeiter die Gastronomie verlassen haben, da ihnen nach Corona diese Branche betreffend Arbeitsplätze zu unsicher geworden ist. Auch Gäste, die einen Tisch reserviert haben, aber nicht erscheinen und den Tisch nicht storniert haben – sogenannte No Show –, sind in den letzten Jahren häufiger geworden. Bei rechtzeitiger Absage kann der Gastronom noch versuchen, die Plätze an andere Gäste zu geben, um damit keinen Umsatzausfall zu erleiden. Dies ist besonders eklatant an den Tagen Freitag und Samstag. Da müssen auch die Gäste sich umgewöhnen, weil so etwas existenzgefährdend für die Gastronomie ist. Wir haben als Team die Entscheidung getroffen, dass wir bei Gruppen Reservierungsgarantien erheben, um dort abgesichert zu sein. Erfreulicherweise sehen das unsere Gäste nicht anders und unterstützen uns in dieser Hinsicht. Mein Team und ich haben uns intensiv Gedanken gemacht, was wir besser machen können, und wo wollen wir als Team und Gastronomie hin? Nachhaltigkeit ist generell in den letzten Jahren immer wichtiger geworden und immer mehr in das Bewusstsein der Menschen gedrungen. Mir selbst war es immer ein Graus, wenn Produkte bzw. Lebensmittel weggeworfen werden mussten. Daher haben wir spezielle Vereinbarungen mit Lieferanten bezüglich tierischer Lebensmittel getroffen, um dies zu verhindern. Seit Ende Februar haben wir auch unser Konzept im Sternerestaurant überarbeitet und sind dort auf die komplette Verarbeitung von Tieren umgeschwenkt, auch hier im Sinne der Nachhaltigkeit und des Respekts vor dem Tier. Wir verarbeiten das gesamte Tier, damit nichts weggeworfen wird und kein Tier umsonst gestorben ist.“

Lukas Winkelmann vom Pottkind sagt: „Unser Status quo ist sehr komfortabel. Nachdem die befürchtete erneute Coronawelle 2023 glücklicherweise nicht eingetroffen ist, haben wir wieder das Gefühl von Konstanz und Planungssicherheit in unserer Arbeit. Wir haben nach wie vor ein tolles Team von der auszubildenden Köchin bis hin zur erfahrenen Sommelière und versuchen weiterhin, mit unseren Menüs und unserer Gästebetreuung stetig besser zu werden, und gehen mit höchstem Anspruch an uns selbst in jeden weiteren abendlichen Service. Unser Publikum ist dabei unserem Konzept gegenüber erfrischend aufgeschlossen. Wir empfinden es außerdem als eine sehr positive Entwicklung, dass Sterneküche immer öfter auch von jüngeren Gästen entdeckt wird, die einfach Lust auf gute Qualität und kreatives Handwerk haben und sich nicht von altbackenen Klischees abschrecken lassen.“

Sternekoch Eric Werner

Eric Werner, der Inhaber und Koch des Sternerestaurants astrein, merkt an: „Aufgrund aktueller Gegebenheiten, wie z. B. der Rückkehr zur Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent, steigender Kosten und Fachkräftemangel, liegt in der Gastronomieszene etwas Unruhe in der Luft. Für Gastronomen ist es heute wichtiger denn je, ihren Gästen ein stimmiges Gesamt-Konzept anbieten zu können, mit Leistung und dauerhaft guter Qualität zu überzeugen. Ein weiterer zentraler Punkt ist das Thema Personal- und Nachwuchskräftegewinnung. Aus meiner Sicht sollten junge Menschen mehr für handwerkliche Berufe und die guten Perspektiven im Handwerk sensibilisiert werden, um einem künftigen Nachwuchskräftemangel vorzubeugen. Daher muss es attraktiver werden, einen handwerklichen Beruf auszuüben.“

(Karoline Sielski)

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe DIE WIRTSCHAFT 03 / 2024

Bildquellen

  • Daniel Gottschlich: Dimi Katsavaris
  • Sterneköchin Julia Komp: Melanie Bauer
  • Maximilian Lorenz: Maximilian Lorenz Gastronomie|DieContentFabrik
  • Eric Werner: Sonja Ahmed
  • ben-koorengevel-Vd0_Htlb-Kk-unsplash: Foto von Ben Koorengevel auf Unsplash
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