Ablagerungen und Durchblutungsstörungen beeinträchtigen die zentrale Sicht
Das Auge ist das wichtigste und zugleich komplexeste Sinnesorgan des Menschen. Es dient der Wahrnehmung von Lichtreizen und ist Teil unseres visuellen Systems. Mit insgesamt 10 Millionen Informationen pro Sekunde vermittelt das Auge mehr Eindrücke als jedes andere Sinnesorgan. Mit dem Auge erkennen wir mehr als 80 Prozent aller Umweltreize. Um räumlich zu sehen und Entfernungen richtig einschätzen zu können, ist der Mensch auf zwei funktionsfähige Augen angewiesen.
Wir alle wissen es: Die Lebenserwartung der Menschen steigt. Die damit einhergehende Alterung des Auges führt dazu, dass die Sehkraft im Alter nachlassen kann. Neben dem grauen Star ist die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) eine häufige Ursache für Sehverluste im höheren Lebensalter. So leiden rund 20 Prozent der 65- bis 74-Jährigen darunter, bei den 75- bis 85-Jährigen sind es bereits 35 Prozent.
Warum die Makula so wichtig ist
Bei der Makula handelt es sich um eine nur wenige Quadratmillimeter große zentrale Stelle auf der Netzhaut. Sie ist zwar klein, aber eminent wichtig: Sie sorgt für das scharfe Sehen und das Erkennen von Farben. Der übrige Teil der Netzhaut sieht das, was das gerade Fixierte umgibt, und macht damit die räumliche Orientierung möglich.
Die lichtempfindlichen Zellen der Netzhaut liegen in der Makula besonders dicht beieinander. (Daher ist es die Stelle des schärfsten Sehens.) Weil in der empfindlichen Makula so viele Prozesse ablaufen, herrscht dort ein sehr reger Stoffwechsel. Dabei entstehen Abbauprodukte, die von der darunterliegenden Gewebsschicht entsorgt werden müssen. Funktioniert dies im höheren Alter nicht mehr effektiv genug, kommt es zu Ablagerungen von Material in den Pigmentzellen unter der Netzhaut. Im weiteren Verlauf lagert sich Material zwischen den Pigmentzellen und der Aderhaut ab, meist mit der Bildung von sogenannten Drusen (kleinen gelblichen Ablagerungen). Dies verschlechtert die Versorgung weiter, sodass Pigmentzellen und gegebenenfalls lichtempfindliche Zellen absterben können. Als Reaktion entsteht im Gewebe in überhöhtem Maß der Wachstumsfaktor VEGF. Dieser begünstigt die Entwicklung neuer, aber leider schädlicher Blutgefäße aus der Aderhaut (choroidale Neovaskularisation). Durch diese Prozesse kann schließlich eine Makuladegeneration entstehen.
Erste Anzeichen
Die ersten Symptome der AMD sind wenig auffällig: Wenn überhaupt, dann bemerken Betroffene zunächst eine verminderte zentrale Sehschärfe im Auge und haben größere Schwierigkeiten, sich an unterschiedliche Lichtbedingungen anzupassen. Beim Lesen erscheint der mittlere Bereich verschwommen oder Gesichter sind nicht richtig erkennbar. Wellige und verzerrte Linien sind ein Hinweis, der sich gut anhand des Amsler-Gitter-Tests aufdecken lässt. Die Wahrnehmung eines schwarzen Flecks im Sichtfeld kann eine bereits fortgeschrittene Schädigung der Makula zeigen.
Trockene und feuchte AMD
Es gibt zwei Formen der Makuladegeneration: Bei der trockenen Makuladegeneration bleiben die Schäden im Wesentlichen auf den Abbau von Pigment- und lichtempfindlichen Zellen (geografische Atrophie) beschränkt. Eine Sehstörung entwickelt sich langsam und ist erst im fortgeschrittenen Stadium ausgeprägt. Bei der feuchten Makuladegeneration sind Gefäßveränderungen festzustellen, es kommt zum Wachstum von neuen, aber anormalen Blutgefäßen aus der Aderhaut heraus, die in und unter die Netzhaut (Retina) wachsen. Diese neuen Gefäße sind undicht, sodass Flüssigkeit austritt. Als Folge dessen kommt es zu einer Netzhautschwellung. Nicht selten treten auch Blutungen und Schwellungen auf.
Wer ist betroffen?
Die beschriebenen krankhaften Veränderungen sind Alterserscheinungen, die grundsätzlich jeden von uns treffen können. Erb- und Umweltfaktoren sind jedoch mit ausschlaggebend für den Zeitpunkt. Zu den beeinflussbaren Faktoren gehören das Rauchen und starkes Übergewicht. Krankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck begünstigen ebenfalls eine Makuladegeneration und sollten deshalb gut eingestellt sein. Auch der UV-Strahlung wird ein gewisser Einfluss zugesprochen. Daher wird älteren Menschen angeraten, ihre Augen bei hellen Lichtverhältnissen durch geeignete Sonnenbrillen zu schützen. Weitere Risikofaktoren sind die genetische Vorbelastung oder auch Gefäßveränderungen wie Arteriosklerose. Auch die Ernährung spielt eine Rolle. So gilt eine Ernährung, die dem Körper zu wenig Vitamine und andere Antioxidantien zuführt, als Risikofaktor. Andererseits gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse, die dafürsprechen, dass bestimmte Nahrungsmittel eine funktionsfähige Makula durchaus fördern. Dazu gehören neben dem gelblichen Farbstoff Lutein, der sich unter anderem in Grünkohl und Spinat findet, auch antioxidative Vitamine und Spurenelemente.
Frühe Erkennung
Viele Augenerkrankungen verlaufen schleichend und lösen bei dem Betroffenen nicht unbedingt beunruhigende Symptome aus. Weil die feuchte AMD in der Regel eine negative Weiterentwicklung der trockenen AMD darstellt, ist es wichtig, dass die trockene Form rechtzeitig erkannt wird. Um Erkrankungen in frühem Stadium feststellen zu können, ist eine regelmäßige Untersuchung der Augen dringend angeraten. Die augenärztlichen Fachgesellschaften raten dazu, ab dem 40. Lebensjahr alle zwei bis vier Jahre zum Augenarzt zu gehen, sofern Risikofaktoren vorliegen, auch häufiger. Ab dem 60. Lebensjahr ist ein jährlicher Besuch beim Augenarzt angeraten. Gerade bei Erkrankungen wie AMD können in der Früherkennung erste Anzeichen von Entwicklungen festgestellt werden, die zu einer AMD führen können. Wichtige Untersuchungen, um erste Anzeigen einer AMD zu diagnostizieren, sind die Feststellung der Sehschärfe, die Untersuchung des Augenhintergrunds mit Netzhautmitte (Makula), die Darstellung der Blutgefäße am Augenhintergrund und die schnittbildartige Darstellung der Netzhaut mithilfe der optischen Kohärenztomografie (OCT).
Behandlungsmöglichkeiten
Für die trockene AMD gibt es bis heute keine zugelassene wirksame Therapie zur Verlangsamung des Fortschreitens der Erkrankung. Eine gesunde und ausgewogene Ernährung und eine Minimierung der oben genannten Risikofaktoren sowie ein wirkungsvoller UV-Schutz bei starker Sonneneinstrahlung helfen jedoch, die Augen zu schützen und möglicherweise den Übergang zu einer feuchten AMD zu verhindern oder zumindest hinauszuzögern.
Im Gegensatz dazu gibt es bei der feuchten AMD mittlerweile Behandlungsmethoden, die den Verlauf der Krankheit abmildern oder deutlich hinauszögern können: die intravitreale operative Medikamenteneingabe. Dank der medizinischen Forschung verfügen wir heute über Medikamente (sogenannte VEGF-Hemmer), die das Wachstum der Blutgefäße in die Netzhaut hemmen und die neu entstandenen, krankhaften Blutgefäße unter der Netzhaut abdichten können. Die Medikamentengabe führt zu einer Rückbildung der Flüssigkeit in der Makula und damit meist auch zu einer Stabilisierung, wenn nicht sogar zu einer Verbesserung des Sehvermögens. Dazu werden die Medikamente unter sterilen OP-Bedingungen in das Auge gespritzt. Die Injektion in das Auge – ein spontan sehr unangenehmer Gedanke – erfolgt nach mehrfacher Anwendung betäubender Augentropfen und ist für den Patienten schmerzfrei. Die Wirkung solcher Injektionen hält für eine gewisse Zeit an, sodass – in Abhängigkeit von der Entwicklung der Sehschärfe – wiederholte Medikamentengaben notwendig sind.
(Gastautoren: Heinz-Günther Göddertz, Dr. med. Stefan Christmann, Klinik LINKS VOM RHEIN)
Bildquellen
- eye-g94522a5bb_640: Bild von Rudy and Peter Skitterians auf Pixabay