Seit 2020 ist Dr. Jürgen Amann Geschäftsführer der KölnTourismus GmbH, der Destinationsmanagement-Organisation für die Stadt Köln. w sprach mit ihm unter anderem über seine Motivation, nach Köln zu kommen, die Entwicklung der Domstadt nach der Coronapandemie sowie über die strategische Neuausrichtung und Ziele der KölnTourismus GmbH.
DIE WIRTSCHAFT: Herr Amann, was hat Sie damals dazu gebracht, nach Köln zu kommen? Was fasziniert Sie an unserer Stadt?
Dr. Jürgen Amann: Das Köln-Gefühl – es hat für mich etwas ganz Besonderes, Unnachahmliches und Authentisches. Auf einer professionellen Ebene haben mich die Angebotsstärken und Entwicklungspotenziale von Köln gereizt. Ich war und bin der festen Überzeugung, dass man Köln im freizeittouristischen Bereich durch eine weitere Schärfung des Markenprofils noch weiter stärken kann. Und im Geschäftsreisebereich bieten sich uns durch das zu meinem Antritt bereits in Planung befindliche Confex spannende Möglichkeiten in Köln.
DIE WIRTSCHAFT: Sie haben wenige Wochen vor Ausbruch der Coronapandemie 2020 Ihren jetzigen Job angetreten. Wie haben Sie KölnTourismus und das Cologne Convention Bureau durch diese turbulente Zeit navigiert und welche Visionen konnten Sie realisieren?
Dr. Jürgen Amann: Das war natürlich keine wünschenswerte Situation und doch haben wir etwas Positives aus ihr gezogen. Durch unsere strategische Neuausrichtung, starke Markenbildung und die stetige Transformation hin zu einem Destinationsmanagement konnten wir gestärkt aus der Krise hervorgehen und den Strukturwandel im Tourismus aktiv mitgestalten. Damals waren mir vor allem vier Punkte wichtig:
- Zielgruppenorientierung in unserer Arbeit
- Überprüfung des Marketinginstrumentariums
- Integration des MICE-Tourismus in die Gesamtstrategie
- Forcierung der Digitalisierung in der Arbeit und im Unternehmen
Alle vier Punkte sind in Arbeit und ich kann mich in Sachen Visionen realisieren nicht beklagen.
DIE WIRTSCHAFT: Wie würden Sie jemandem Köln als Reiseziel schmackhaft machen, der noch nie von dieser Stadt gehört hat?
Dr. Jürgen Amann: Köln hat keine „harte Tür“. Man ist als Gast nicht Beobachter, sondern schnell Teil des Ganzen. Die Kölschen sind sehr nahbar, aufgeschlossen und neugierig. Köln ist eine Großstadt mit Kleinstadtflair: Man kann hier vieles bequem zu Fuß erkunden und in jedem Veedel etwas Neues und ganz Eigenes entdecken. Und wir haben in Köln eine sehr hohe Leistungsqualität bei niedriger Einstiegsschwelle, egal ob im Kulturbereich oder beim Thema Kulinarik.
DIE WIRTSCHAFT: 2023 kamen 3,8 Millionen Gäste nach Köln. Das sind nicht nur mehr als im Vorjahr, sondern auch mehr als 2019 vor der Pandemie. Die knapp vier Millionen Besucher ließen 5,24 Milliarden Euro (sieben Prozent mehr als im Vorjahr) in der Stadt. Wie erklären Sie sich diese beachtlichen Zahlen?
Dr. Jürgen Amann: Mit allen Branchenpartnern ist es uns gelungen, Kölns Beliebtheit als freizeittouristische Destination auszubauen und damit die Rückgänge im Bereich klassischer Geschäftsreisen zu kompensieren. Hilfreich war, dass wir stets an unseren Markenkernen festgehalten und das urbane Kulturerlebnis vor dem Hintergrund des kölschen Lebensgefühls in den Mittelpunkt unserer Kommunikation gestellt haben. Wichtig war auch die Ausrichtung auf ausgewählte Zielgruppen. Es gibt vier Indikatoren, die auf Ansätze einer qualitativen Entwicklung des Tourismus hindeuten und die zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
- Kulturveranstaltungen sind ein wichtiger Reiseanlass für Köln-Besucher.
- Die Stärke der touristischen Marke Köln ist laut Brand Trust größer als bei vielen Mitbewerbern in Europa.
- Die touristischen Umsätze aus 2023 haben im Teilbereich Gastgewerbe das Vorkrisenlevel übertroffen.
- Der um 43 Prozent gestiegene Revenue Generating Index der Kölner Sternehotellerie in den ersten drei Monaten des Vorjahres.
Im Bereich MICE ist es uns gelungen, den Marktanteil Kölns als Veranstaltungsort für wirtschaftsnahe Veranstaltungen zu behaupten.
DIE WIRTSCHAFT: Sie sind ja nicht nur der Geschäftsführer der KölnTourismus GmbH, sondern auch des Cologne Convention Bureau. Inwiefern arbeiten Sie dabei mit der Koelnmesse, speziell auch nach der Eröffnung des Confex, zusammen?
Dr. Jürgen Amann: Das Cologne Convention Bureau (CCB) ist eine Abteilung der KölnTourismus GmbH. Wir haben die Personalressourcen während Corona erhöht und kümmern uns aktuell mit fünf Kolleginnen und Kollegen um die Positionierung Kölns als MICE-Standort im europaweiten Wettbewerb. Unser CCB unterstützt und stärkt als Knowledge Hub die MICE-Industrie in Köln durch Wissenstransfer und Netzwerkplattformen nach innen und als neutrale Beratungs- und Servicestelle für Veranstaltungsplanende auch nach außen. Weil der Geschäftstourismus ein wichtiger Bestandteil des Tourismus in Köln ist, sind die Koelnmesse und Koelncongress natürlich enorm wichtige Partner, mit denen wir im ständigen Austausch stehen. Im Bereich der promotablen Geschäftsreisen arbeiten wir mit Koelncongress noch enger zusammen und unterstützen bei der Platzierung des Confex am Markt.
DIE WIRTSCHAFT: Digitalität spielt eine zunehmend größere Rolle in der Arbeit des KölnTourismus. Inwiefern möchten Sie das digitale Angebot weiter ausbauen?
Dr. Jürgen Amann: 2024 steht für uns im Zeichen der fortgesetzten Digitalisierung. Im Bereich Produkt entwickeln wir in Zusammenarbeit mit Kölner Communities Angebote wie die Urban Art Map, die zielgruppenorientiert das Portfolio an klassischen Stadtführungen ergänzt. In der Kommunikation spielen TikTok und Instagram oder unser Podcast KölnClash eine große Rolle, wenn es darum geht, Geschichten zu erzählen, die den Markenkern Kölns widerspiegeln. Unser jüngstes Projekt ist VisitKölnGPT – eine Corporate AI Solution für die Unterstützung bei der Contentproduktion. Es ist aktuell in der Testphase mit ersten vielversprechenden Ergebnissen. Unser absolutes Herzensprojekt in diesem Jahr ist der Umbau unserer Tourist Info – sie wird teildigitalisiert wiedereröffnen und einen noch optimaleren Rahmen für die persönliche Beratung schaffen. In diesem Zuge werden wir für Kölner und Kölnerinnen und Gäste unsere Empore im ersten Stock wieder frei zugänglich machen und den schönsten Blick auf den Dom ermöglichen.
DIE WIRTSCHAFT: Mit der Handball-Europameisterschaft im Januar dieses Jahres und der bevorstehenden Fußball-EM im Sommer bietet dieses Jahr in puncto Sport wichtige (touristische) Ereignisse. Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen bzw. werden Sie ergreifen, um die Fußball-EM als Tourismusmagnet für die Stadt Köln zu nutzen?
Dr. Jürgen Amann: Sportgroßereignisse sind immer auch ein Reiseanlass und die Handball-EM hat für einen sehr guten Start für 2024 gesorgt. Die Bettenauslastung war deutlich höher als sonst in der Jahreszeit und auch die durchschnittlichen Erträge der Hotelzimmer dürften deutlich höher gewesen sein als im Vorjahr. Die UEFA Euro 2024 wird einen noch stärkeren Impuls für den Tourismus setzen. Aktuell reisen wir durch alle Länder, deren Mannschaft in Köln spielt, und machen Promo für Köln. Wir agieren in enger Zusammenarbeit mit der Host-City-Gesellschaft des Sportamts. Darüber hinaus unterstützen wir die Kommunikation auf allen Ebenen: Städtisch pushen wir Köln als Hub für den Besuch von Spielen in anderen Austragungsorten, auf Landesebene bestücken wir zusammen mit anderen Städten eine App, die auch touristische Informationen umfasst. Im Schulterschluss mit der Deutschen Zentrale für Tourismus machen wir international auf den Spielort Köln aufmerksam. Wir legen eine FanCard auf, die neben touristischen auch ÖPNV-Angebote integriert, und bieten kostenfreie Spieltags-Stadtführungen in der Sprache der in Köln spielenden Mannschaften an. Aber wir werden vor allem für den Wiederbesuch nach der EM werben. Hier helfen uns jene Gäste, die zur EM ein tolles Kölnerlebnis hatten und zu Hause darüber erzählen. Da sind natürlich alle Kölner-innen und Kölner als weltoffene, herzliche Gastgeber gefragt. Aber da mache ich mir überhaupt keine Sorgen.
DIE WIRTSCHAFT: Ihr Vorgänger Josef Sommer übte seinen Job fast 20 Jahre lang aus. Können Sie sich vorstellen, es ihm gleichzutun?
Dr. Jürgen Amann: Wenn man die Ergebnisse betrachtet, kann man sagen, dass es meinem Team und mir gelungen ist, den Kölner Tourismus gut durch die Krise zu führen. Und es gibt erste Indizien, die darauf hindeuten, dass wir mit unserer Strategie zur qualitativen Entwicklung des Tourismus auf dem richtigen Weg sind. Ich glaube, das ist ein Weg, der mit Erfolg weiter fortgesetzt werden kann, und ihn weiter mitzugestalten ist aus meiner Sicht eine spannende Herausforderung und ich kann mir das sehr gut vorstellen. Ob es am Ende 20 Jahre werden, hängt natürlich auch von vielen anderen Akteuren und etlichen Rahmenbedingungen ab.
(Eugen Weis)
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe DIE WIRTSCHAFT 03 / 2024
Bildquellen
- Dr. Jürgen Amann und Eugen Weis: Alex Weis
- Dr. Jürgen Amann: Alex Weis