Ob vegan, Paleo- oder Raw-Food-Diät – Immer mehr Menschen fühlen sich von Ernährungstrends angesprochen. Wie ist der Boom zu erlären? Experten wissen: Es geht längst nicht nur darum, „in“ und „dabei“ zu sein. Die bewusste Identifikation mit einem bestimmten Lebensstil bietet im Alltag Orientierung und erleichtert die Kaufentscheidung.
Im Supermarkt ist die Vielfalt an Lebensmitteln groß. Das kann auch für Verunsicherung sorgen, wenn mit dem Essen nicht nur die Nahrungsaufnahme gemeint ist, sondern damit auch bestimmte Wertevorstellungen verknüpft werden. Soll es ein gesundes, ökologisch verträgliches, ein fair gehandeltes oder ein regionales Produkt sein? Darf ich die vitaminreiche Tropenfrucht kaufen, auch wenn der Kohlendioxidausstoß für den Transport sehr hoch ist? Der Verbraucher möchte „richtig“ handeln, erklärt Thomas Schröder in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Haushalt in Bildung und Forschung“. Ernährungstrends setzen an diesem Punkt an, indem sie unterschiedliche Wertehaltungen bündeln. So muss sich der Einzelne gewissermaßen nur einen Trend aussuchen, der seine individuelle Einstellung am besten widerspiegelt.
Durch Entscheidungen wie „Ich esse nur gesunde“, „nur rohe“ oder „nur glutenfreie Lebensmittel“ fällt die Auswahl leichter. Beim „Clean Eating“ beispielsweise ist alles erlaubt, was natürlich, unverarbeitet und vollwertig ist. Dabei wird der gesundheitliche Aspekt mit einer Skepsis gegenüber der Lebensmittelindustrie verbunden. Die Paleo-Diät geht „zurück zu den Ursprüngen“ und übt damit auch eine Zivilisationskritik. Es wird nichts gegessen, was die menschliche Zivilisation in den vergangenen 10.000 Jahren hervorgebracht hat.
Noch attraktiver werden Ernährungstrends, da sie in der Regel ein Gesundheitsversprechen bieten. Viele Menschen sehen Gesundheit als ein Lebensziel und können sich auf diese Weise im Alltag selbst optimieren. Da bieten Ernährungstrends praktische Handlungsvorlagen, während das allgemeine Wissen um eine gesunde Ernährung sich mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen stetig ändert.
Schließlich tragen auch die flexiblen Märkte zum Boom bei. Über soziale Netzwerke können Konsumenten solche Entwicklungen heute aktiv mitgestalten. Die Hersteller reagieren schnell, sodass die nachgefragten Produkte in kurzer Zeit verfügbar sind. So deutet alles darauf hin, dass Ernährungstrends auch weiterhin ein Trend bleiben, resümiert Schröder. Allerdings werden viele neue Ernährungsformen auch kritisch gesehen.
Grundsätzlich gilt: Je stärker die Lebensmittelpalette eingeschränkt wird, desto schwieriger wird es, dem Körper alle Nährstoffe in ausreichender Menge zu bieten. Wer einem Trend aufspringt, braucht einen guten Ernährungsplan, um einem Mangel vorzubeugen.
Heike Kreutz, www.aid.de
Quelle: Haushalt in Bildung und Forschung, Nr. 3/2016 –Die postmodernen Konsument/inn/en, S. 127-136.
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