Rund 500 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Kultur konnten IHK-Präsident Dr. Werner Görg und Hauptgeschäftsführer Ulf Reichardt zum Neujahrsempfang 2017 begrüßen. Prominente Gastrednerin in diesem Jahr: Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Für uns ist es eine große Ehre, dass wir im Jahr des 220. Geburtstages der IHK Köln zum ersten Mal den deutschen Regierungschef empfangen können“, so Ulf Reichardt.
Im festlich geschmückten Börsensaal wandte sich IHK-Präsident Dr. Werner Görg an Bundeskanzlerin und Gäste. Neben qualifizierten Fachkräften, so Görg, sei vor allem eine gesunde, funktionsfähige Infrastruktur für unternehmerischen Erfolg entscheidend. Derzeit gelinge es allerdings noch nicht, den Renovierungsstau, der sich bei infrastrukturellen Maßnahmen in der Region aufgebaut habe, abzutragen. Lob gab es indes für die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker: „Sie haben schon viel unternommen; lassen Sie nicht nach. Insbesondere bei der Verbesserung des Baustellenmanagements in der Stadt.“ Lob gab es von IHK-Seite auch für die im Oktober gegründete „Infrastrukturgesellschaft Verkehr“, in der Bund und Länder die Autobahnen überführen werden. Denkbar sei, so Görg, hier Teilprojekte mit privater Beteiligung zu initiieren.
Bundeskanzlerin Merkel ging auf die geschilderten infrastrukturellen Herausforderungen ein. Tatsächlich, so Merkel mit Blick auf die Länder, fehlten oft planungsfertige Infrastrukturprojekte. Vor dem Hintergrund der Infrastrukturgesellschaft Verkehr sagte sie, grundsätzlich offen für PPP-Projekte zu sein. Und die Kölner Oberbürgermeisterin habe ihr bereits gesagt, dass beim Projekt „Rheinbrücke Leverkusen“ die Priorität auf eine schnelle Fertigstellung, und nicht auf möglichst vielen Planänderungen, liege.
Mit Applaus bedacht wurde Merkels Ankündigung, dass über eine Verringerung des Instanzenweges bei Klagen gegen Bauvorhaben nachgedacht werde. „Nicht generell für alle Bundesverkehrsinfrastrukturprojekte, aber für besonders dringliche“, so die Bundeskanzlerin.
Gerne angenommen wurden Lob und Dank dafür, dass Köln seit jeher für Weltoffenheit und Integrationskraft stehe und dies bei der Integration von Flüchtlingen erneut unter Beweis stelle. „Köln war immer eine Stadt, die sich dynamisch weiterentwickelte, auch weil Menschen aus unterschiedlichen Regionen hier zusammenlebten und arbeiteten“, sagte die Bundekanzlerin. „Das macht es den Zugewanderten genauso wie den Einheimischen immer wieder leicht, Köln als Heimat zu bezeichnen.“ Von Herzen bedanken wolle sie sich bei all denjenigen, die in Haupt- und Ehrenamt dafür arbeiten.
Einen Dank gab es auch dafür, dass Kölnerinnen und Kölner wieder ein friedliches Silvester feiern konnten. Aus Vorfällen wie denen in der Silvesternacht zu 2016 habe man Konsequenzen gezogen, auch rechtlicher Art. „Wir müssen dies tun – einerseits, um deutlich zu machen, dass wir unseren Rechtsstaat nicht nur haben, sondern dass wir ihn auch durchsetzen können, andererseits aber eben auch um der vielen Flüchtlinge willen, die wirklich aus Not zu uns gekommen sind“, erläuterte Merkel.
Direkt an die Unternehmer wandte sich Merkel mit der Bitte: „Ich kann alle, die im vergangenen Jahr schon einmal versucht haben, einen Flüchtling einzustellen, nur ermuntern, das noch einmal zu versuchen.“ Denn den Zugang zum Arbeitsmarkt habe man erleichtert, die Vorrangprüfung in fast allen Arbeitsagenturbezirken abgeschafft sowie bessere und praxisnähere Fördermöglichkeiten zur Aufnahme einer Berufsausbildung geschaffen. „Die Bundesagentur für Arbeit verfolgt sehr aufmerksam, welche Wünsche aus der Wirtschaft an sie gerichtet werden“, versprach Merkel. „Wir haben Wirtschaftsvertreter bei unseren regelmäßig stattfindenden Runden Tischen, die ich selber leite, mit dabei. Sie können sich dort jederzeit einbringen, wenn Ihnen etwas auffällt, was systemisch nicht richtig läuft“, ermunterte sie die Wirtschaftsvertreter.
Viel Arbeit sei noch notwendig, um die wirklich Schutzbedürftigen integrieren zu können, führte die Bundeskanzlerin weiter aus und lobte die IHK Köln, die 2016 und 2017 die Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und Arbeitsmarkt als eines ihrer Jahresthemen definiert hat. „Ich bin dankbar, dass die IHK das als zentrales Thema erkannt hat“, sagte Merkel. Als „starke Truppe“ im Kampf „für die Menschen und für die freiheitlichen Grundprinzipien, die unser Land so erfolgreich gemacht haben“ lobte die Regierungschefin die IHK Köln mit ihren Tausenden von Mitgliedsunternehmen.
Auch einem weiteren Thema, das die IHK Köln als Jahresthema für 2017 auf der Agenda hat, widmete sich Merkel in ihrer Rede: der Digitalisierung. Für die Zukunft sei entscheidend, dass Deutschland bei der Verschmelzung von Digitalisierung und realer Produktion vorne mit dabei sei. Das Verhältnis zum Kunden werde der Punkt sein, an dem sich entscheide „ob wir vorn mit dabei sind oder eben verlängerte Werkbank für andere werden, die das Kundenverhältnis gestalten.“
Eingehend auf Europa, bat Angela Merkel die Wirtschaftsvertreter, mit dazu beizutragen, dass vor dem Hintergrund des Brexit ein „Europa der 27“ nicht in Gefahr gerate. Nur wer die vier Grundfreiheiten erfülle, dürfe vollständigen Zugang zum EU-Binnenmarkt haben. Rosinenpicken dürfe es nicht geben. Es sei richtig, mit der vor gut einem Vierteljahrhundert gestarteten Freiheit und Offenheit im Handel und den politischen Systemen weiterzugehen, anstatt einen protektionistischen Kurs einzuschlagen. „Geschichte ist kein Selbstläufer“, so Merkel. Generation für Generation müsse immer wieder für Ideale gestritten werden. „Ich habe den Eindruck, wir sind wieder an einem Scheitelpunkt.“
Die Kölner Rede der Kanzlerin habe ihn beeindruckt, so das Fazit von IHK-Hauptgeschäftsführer Reichardt. „Sie hat klar gemacht, warum sie in die IHK gekommen ist. Das freut uns außerordentlich und spornt uns an, bei den angesprochenen Themen nicht nachzulassen“, versprach Reichardt. „Unser Einsatz für die soziale Marktwirtschaft mit ihrer freiheitlichen Grundordnung, für die Integration von Schutzbedürftigen in Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und für die aktuellen Herausforderungen, der sich die Wirtschaft gegenüber sieht – von Digitalisierung bis hin zu protektionistischen Tendenzen – wird hoch bleiben.“
Quelle: Sabina Janssen, IHK Köln
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