Finanzen & Märkte

Bankgarantien im Handelsgeschäft

Oftmals besteht für die Vertragsparteien von großvolumigen oder internationalen Handelsgeschäften ein gesteigertes Interesse an der Absicherung ihrer wechselseitigen Ansprüche. So möchte etwa der Verkäufer seinen Kaufpreiszahlungsanspruch absichern, wohingegen der Käufer ein Interesse an der Absicherung seiner Vertragserfüllungs- oder etwaigen Gewährleistungsansprüche hat. Sogenannte Bankgarantien „auf erstes Anfordern“ sind hierbei von großer praktischer Relevanz. Seit einigen Jahren sind jedoch vermehrt Streitigkeiten um deren Inanspruchnahme zu beobachten. Welche Handlungsoptionen den Vertragsparteien bei der Durchsetzung und Abwehr von Garantieansprüchen offenstehen, wird nachfolgend erläutert.

Die Besonderheiten der Bankgarantie „auf erstes Anfordern“

Als praktisch bedeutsamstes Sicherungsmittel dienen regelmäßig sogenannte Bankgarantien „auf erstes Anfordern“. Charakteristisch für die Garantie „auf erstes Anfordern“ ist deren Unabhängigkeit von der abgesicherten Forderung: Die garantiegebende Bank muss die Garantiesumme auszahlen, sofern die im Garantievertrag enthaltenen Voraussetzungen erfüllt sind. Ob der abgesicherte Anspruch tatsächlich besteht, ist dabei von der Bank vor Auszahlung der Garantiesumme nicht zu prüfen. Die Bank kann eine Auszahlung in der Regel nur in Fällen eines offenkundigen Missbrauchs verweigern. Der aus der Garantie begünstigte Vertragspartner wird die Garantiesumme bei Geltendmachung daher ohne großen Aufwand und meist innerhalb weniger Tage von der Bank erhalten.

Etwaige Streitigkeiten um den abgesicherten Anspruch tragen die Vertragspartner regelmäßig in einem anschließenden Rückforderungsprozess aus: Beansprucht der mit dem Garantiebetrag belastete Vertragspartner, zum Beispiel der Käufer, den Garantiebetrag für die abgesicherte Kaufpreiszahlung zurück, weil der abgesicherte Zahlungsanspruch aufgrund von Mängeln an der Ware nicht bestand, wird er in die Klägerrolle gedrängt. Er muss in einem Rückforderungsprozess gegen den begünstigten Vertragspartner darlegen und beweisen, dass der sogenannte materielle Garantiefall, hier der Kaufpreiszahlungsanspruch, nach den vertraglichen Vereinbarungen nicht vorlag.

Rechtsschutzinteresse der Vertragspartner

Ist das Bestehen des abgesicherten Anspruchs aus dem Handelsgeschäft zwischen den Vertragsparteien streitig, so wird der Garantieschuldner ein hohes Interesse daran haben, eine Auszahlung durch die Bank an den Garantiegläubiger zu verhindern. Andernfalls muss er seine Rechte in einem unter Umständen langwierigen und kostspieligen Rückforderungsprozess durchsetzen, währenddessen er das Ausfallrisiko trägt. Im Falle der Auszahlung der Garantiesumme trägt der Garantieschuldner zudem das eigene Liquiditätsrisiko, da die Bank sein Konto in Höhe der ausgezahlten Garantiesumme belasten wird.

Der Garantiegläubiger hingegen wird sein Auszahlungsinteresse möglichst schnell und effektiv durchsetzen wollen, um mit der Garantiesumme die eigene Liquidität zu sichern.

Unter Zugrundelegung dieser Interessenlage bestehen aus Sicht des Garantiegläubigers und des Garantieschuldners verschiedene Handlungsoptionen, wobei die konkreten Umstände des Einzelfalls bei Wahl der zweckmäßigen Mittel stets im Blick zu behalten sind.

Möglichkeiten der Zahlungsverhinderung für den Garantieschuldner

Der Garantiegläubiger hat aufgrund der rechtlichen Ausgestaltung der Garantie „auf erstes Anfordern“ eine starke Position: Er kann die Bank allein unter den Voraussetzungen des Garantievertrags in Anspruch nehmen und die Bank wird die Auszahlung wegen ihrer eingeschränkten Prüfungspflichten regelmäßig innerhalb kurzer Zeit veranlassen. Vorab jedoch wird die Bank den Garantieschuldner von der Inanspruchnahme der Garantie in Kenntnis setzen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Denn ohne diesen Schritt läuft die Bank Gefahr, den Garantieschuldner nicht in Regress nehmen zu können.

Der Garantieschuldner kann dann theoretisch sowohl gegen die garantiegebende Bank als auch gegen den Garantiegläubiger vorgehen und Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes einleiten, um die Auszahlung zu verhindern. Die Erfolgsaussichten einer (schieds-)gerichtlichen Maßnahme gegen die Bank beurteilen sich dabei in erster Linie anhand der vertraglichen Vereinbarungen im Auftragsverhältnis zwischen der Bank und dem Garantieschuldner. Dort können Voraussetzungen vereinbart sein, unter denen die Bank verpflichtet ist, eine Auszahlung an den Garantiegläubiger zu verweigern. Dies kann beispielsweise das Vorliegen eines (schieds-)gerichtlichen Titels sein, mit welchem dem Garantiegläubiger die Inanspruchnahme der Garantie untersagt wird. Sind solche Regelungen im Auftragsverhältnis nicht vorgesehen, kann der Garantieschuldner eine Auszahlung der Garantiesumme nur im Falle eines offensichtlichen Rechtsmissbrauchs verhindern.

Im Einzelfall kann auch ein Vorgehen des Garantieschuldners gegen den Garantiegläubiger ratsam sein. Ein solches Vorgehen kann insbesondere dann Erfolg versprechen, wenn der Garantiegläubiger rechtsmissbräuchlich handelt oder gegen vertragliche Bestimmungen aus dem besicherten Vertrag verstößt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der bloße Antrag auf Erlass einer Maßnahme im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes noch nicht die Auszahlung an den Garantiegläubiger hindert. Insoweit ist stets Eile geboten.

Reaktionsmöglichkeiten des Garantiegläubigers

Bevor der Garantiegläubiger seine Garantie in Anspruch nimmt, sollte er neben dem Garantievertrag auch das Bestehen des gesicherten Anspruchs gründlich prüfen. Denn wenn der gesicherte Anspruch nicht besteht, wäre er einem Folgeprozess um die Rückzahlung der Garantiesumme ausgesetzt und hätte seinen Liquiditätsbedarf nur kurzfristig gedeckt.

Sein Interesse an einer schnellen Auszahlung der Garantiesumme kann der Garantiegläubiger durch frühzeitiges Zahlungsverlangen gegenüber der Bank verfolgen. Dabei sollte er möglichst ohne Vorankündigung gegenüber dem Garantieschuldner handeln, um das Risiko von hindernden Maßnahmen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu minimieren. Befürchtet der Garantiegläubiger dennoch, dass der Garantieschuldner einstweiligen Rechtsschutz beantragen könnte, bietet sich im Einzelfall ergänzend die Hinterlegung einer Schutzschrift beim elektronischen Schutzschriftenregister an. Hierbei handelt es sich um einen vorsorglichen Schriftsatz, den das Gericht im Falle eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz berücksichtigen muss.

Auch eine Zahlungsklage (etwaig erweitert um Schadenersatzansprüche) gegen die Bank kommt in Betracht, wenn diese die Auszahlung der Garantiesumme unberechtigt verweigert. Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes wären insoweit nur ausnahmsweise Erfolg versprechend. Freilich kann der Garantiegläubiger daneben auch weiterhin seinen Vertragspartner, den Garantieschuldner, aus dem besicherten Handelsvertrag in Anspruch nehmen. Eine gegen die Bank gerichtete Klage dürfte jedoch häufig vorzugswürdig sein, da das Gericht über den Garantieanspruch meist schneller entscheiden wird als über den Anspruch aus dem besicherten Handelsgeschäft.

Zu berücksichtigen ist bei all diesen Optionen ferner, ob der besicherte Kaufvertrag bei internationalen Handelsgeschäften einer anderen Rechtsordnung unterfällt und vom Garantievertrag abweichende Gerichtszuständigkeiten regelt. Gerade in grenzüberschreitenden Sachverhalten kann die Prüfung des anwendbaren Rechts und der Gerichtszuständigkeit entscheidend für die Wahl der zweckmäßigen Mittel sein.

Fazit

Bei Streitigkeiten um Bankgarantien stehen den Beteiligten häufig mehrere Handlungsoptionen offen, welches nach eingehender Prüfung abzuwägen gilt. Wird zwischen Vertragspartnern um Zahlungen aus einer Bankgarantie „auf erstes Anfordern“ gerungen, besteht aus Sicht des Garantieschuldners meist erhöhter Handlungsbedarf, um eine unberechtigte Auszahlung der Garantiesumme durch die Bank zu verhindern. Dem begünstigten Vertragspartner wird meist zu raten sein, bei Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen frühzeitig tätig zu werden, um das Risiko von Maßnahmen im einstweiligen Rechtsschutz zu minimieren. W

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Gastautoren:

Dr. Stephan Bausch, D. U.,
Partner und Co-Head Complex Disputes,
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Stephanie Quaß, Rechtsanwältin,
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Moritz Ziegler, Rechtsanwalt,
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

 

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe DIE WIRTSCHAFT 07 / 2024

Bildquellen

  • Stephan Bausch: Jörg Modrow/laif
  • Stephanie Quaß: Jörg Modrow/laif
  • Moritz Ziegler: Jörg Modrow/laif
  • tingey-injury-law-firm-yCdPU73kGSc-unsplash: Foto von Tingey Injury Law Firm auf Unsplash
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Redaktion

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