Klima und Umweltschutz spielen beim nachhaltigen Bauen eine große Rolle, denn Gebäude und Bauvorgänge erzeugen rund 40 Prozent aller CO₂-Emissionen. Dieser Verantwortung stellen sich verschiedene Player in der Kölner Baulandschaft seit vielen Jahren, darunter auch das Architektur– und Innenarchitekturbüro Lepel & Lepel. Für das Büroloft Clouth 104 in Köln-Nippes beispielsweise erhielt das 25-köpfige Team aus Architekt- und Innenarchitekten mit einer Platin-Zertifizierung die höchste Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen. „Darauf sind wir sehr stolz“, sagt Innenarchitektin Monika Lepel im Gespräch mit DIE WIRTSCHAFT. Zusammen mit ihrem Mann, dem Architekten Reinhard Lepel, erklärt sie im Doppelinterview, was es heißt, grün zu denken.
[box type=“shadow“ align=““ class=““ width=““] DIE WIRTSCHAFT: Ihr Credo bei Design- und Bauvorhaben ist „We think green“! Was steckt alles hinter Ihren „Green Buildings“?[/box]
Reinhard Lepel: Wir sind der Überzeugung, als Architekten und Innenarchitekten einen wesentlichen gesellschaftlichen Beitrag leisten zu können und müssen, um die erklärten Umweltziele zu erreichen. Daher verstehen wir es als unseren Auftrag, mit unseren Auftraggebern passende Lösungen zu finden. Im Zuge von ressourcenschonendem Bauen betrachten wir den gesamten Lebenszyklus von Häusern: vom Bau bis zur Umnutzung. Bei manchen Aspekten – wie der Betrachtung von Gebäuden als Rohstofflager – stehen wir allerdings noch am Anfang.
Monika Lepel: Unser Claim ist „Beziehungen bauen“. Dies umfasst auch unser Verhältnis zu Natur und Umwelt. Tatsächlich ist es oft auch die Begrünung in und an Häusern, insbesondere auf Dächern, die wir einsetzen. Grün zu denken heißt auch, vorhandenes Grün durch Bauen nicht zu zerstören. Davon profitiert die ganze Stadt!
Ressourcenschonendes Bauen wird immer wichtiger
[box type=“shadow“ align=““ class=““ width=““] DIE WIRTSCHAFT: Warum ist ressourcenschonendes bauen heutzutage so wichtig geworden?[/box]
Reinhard Lepel: Ein Bericht des UN-Umweltprogramms zeigt, dass die CO₂-Emissionen durch Gebäude in 2019 38 Prozent der globalen CO₂-Emissionen sowie 55 Prozent der globalen Elektrizitätsnutzung ausmachen. Dies beinhaltet auch die Stromerzeugung, die für den Betrieb von Gebäuden notwendig ist. Wir müssen also Häuser so errichten, dass diese weniger verbrauchen.
Monika Lepel: Natürlich geht es auch um die Menge, die wir errichten und benutzen. Als Architekten und Innenarchitekten ist für uns Umbauen auch immer eine Option, die es zu prüfen gilt. Das spart oft Ressourcen und versiegelt zudem weniger Fläche.
[box type=“shadow“ align=““ class=““ width=““] DIE WIRTSCHAFT: Wie schaffen Sie es, dass Design und Ressourcenschonung Hand in Hand gehen?[/box]
Monika Lepel: Indem wir in großen Zyklen denken und handeln und modische Effekte vermeiden. Wir planen vernünftig und setzen mit hoher Qualität um. Möglichst keine Effekthascherei.
[box type=“shadow“ align=““ class=““ width=““] DIE WIRTSCHAFT: Wann haben Sie sich intensiv der Nachhaltigkeit verschrieben und was war der Auslöser?[/box]
Reinhard Lepel: 2016 begann die Planung für „Clouth 104“ in Köln-Nippes, ein Projekt, in dem wir nicht nur die Architektur und später unser eigenes Büro geplant haben, sondern auch als Projektentwickler am Start waren. Da hat vieles sehr gut zusammengepasst und wir haben von Beginn an eine hohe Zertifizierung angestrebt. In der Konstellation von Projektentwicklung, Planung und Nutzung und mit dem Bewusstsein, dass hier ein großer Stadtbaustein realisiert wird, sahen wir die Möglichkeit, unserer Überzeugung noch mal entschiedener Ausdruck zu verleihen, dass Architektur einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Ressourcenschonung leisten muss.
Viel Architektur, wenig individuelle Ausstattung
[box type=“shadow“ align=““ class=““ width=““] DIE WIRTSCHAFT: Welche Rolle spielt das „Miteinander“ in diesem Bereich?[/box]
Reinhard Lepel: Wir sind Mitglied der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen, kurz DGNB, sowie der „Phase Nachhaltigkeit“, einer gemeinsamen Initiative der Bundesarchitektenkammer sowie der DGNB. Wir verpflichten uns, dieses Thema bei jedem Projekt voranzutreiben. Dazu suchen wir auch Planungspartner, die den Bauablauf und -betrieb entsprechend planen. Konkret heißt das auch, sehr frühzeitig die Auftraggeber in puncto Haltung und Kosten einzubeziehen, auch wenn kein Label der Zertifizierung angestrebt ist. Zudem sind wir der „German Architects Declare Climate & Biodiversity Emergency“ früh beigetreten. Dieser Zusammenschluss stuft den Klimakollaps und einen Verlust an Biodiversität als die größten Probleme unserer Zeit ein. Gebäuden und Bauvorgängen kommt eine tragende Rolle zu, denn auf sie fallen rund 40 Prozent aller CO₂-Emissionen.
[box type=“shadow“ align=““ class=““ width=““] DIE WIRTSCHAFT: Welche konkreten energiesparenden Maßnahmen werden bei Ihren Bauprojekten ergriffen, um Umwelt und Klima zu schonen?[/box]
Monika Lepel: Wir versuchen, so viel Architektur wie möglich und so wenig individuelle Ausstattung wie nötig herzustellen. Die raue, ehrliche Gestalt unseres Bürolofts in Nippes beispielsweise beinhaltet nur wesentliche Elemente im minimalistischen Design.
Reinhard Lepel: Apropos Büroloft: Alle verbauten Materialien wurden auf Umweltverträglichkeit geprüft und zertifiziert. Wir erfüllen mit erhöhten Wärmedämm-Maßnahmen bei Fassade und Dach in Kombination mit Fernwärmeanbindung und Bauteilaktivierung ein ganzes Bündel an Faktoren, das zu einer deutlichen Reduzierung der Energie beiträgt. Das intensiv insektenfreundlich begrünte Dach trägt als CO₂-Speicher zur Regenwasserrückhaltung sowie zur Kühlung des Gebäudes bei.
„New Work“ im Büroloft Clouth 104 gut gelungen
[box type=“shadow“ align=““ class=““ width=““] DIE WIRTSCHAFT: Inwieweit trägt das Büroloft dem Gedanken von „New Work“ Rechnung?[/box]
Monika Lepel: Flexibilität ist das Gebot der Stunde – nicht nur in puncto Umweltbewusstsein, sondern auch im Hinblick auf zukunftsfähige Arbeitswelten. In der loftartigen, offenen Gebäudestruktur ist maximale Freiheit in Ausbau sowie Nutzung gegeben. Sie ist robust, lässig und frei. „New Work“ ist aus unserer Sicht vor allem der kommunikative und kollaborative Teil des Arbeitens. Da braucht es Freiräume, die Kreativität unterstützen und in die Menschen gerne kommen, um Kollegen zu treffen. Das ist uns hier gut gelungen. Dazu tragen auch die großzügige Dachterrasse und die gute Anbindung an das lebendige Nippes bei.
[box type=“shadow“ align=““ class=““ width=““] DIE WIRTSCHAFT: Auch privat haben Sie sich den Traum von einem entsprechenden Haus realisiert. Was ist das Besondere an Ihrem Feriendomizil in der Eifel?[/box]
Monika Lepel: Das Hanggrundstück ist Teil von weitläufigen Streuobstwiesen. Daher haben wir sehr auf einen kleinstmöglichen Fußabdruck geachtet und weder Bäume gefällt noch Flächen im Außenbereich versiegelt. Außerdem wurden durch die Holzbauweise fast ausschließlich rückbaufähige Materialien verwendet.
Reinhard Lepel: Die Anteile von Holz und Glas in der Fassade sind so berechnet, dass wir von der Heizung, die über eine Erdwärmepumpe gespeist wird, kaum Gebrauch machen. Das auskragende begrünte Dach dient als sommerlicher Wärmeschutz. Die gesamte Bepflanzung ist regional. Wir haben alte Apfelsorten gepflanzt, die die bestehende naturbelassene Streuobstwiese gut ergänzen.
Stadt Köln muss klare Zeichen in puncto Nachhaltigkeit setzen
[box type=“shadow“ align=““ class=““ width=““] DIE WIRTSCHAFT: Welche Subventionen gibt es für gewerbliche klimaunschädliche Baumaßnahmen vom Staat?[/box]
Reinhard Lepel: Gemäß der Bundesförderung für effiziente Gebäude werden gewerbliche Bauvorhaben im KfW-40-EE-Standard mit bis zu 50 Prozent Fördersumme unterstützt. Dies gilt für die baulichen Maßnahmen, welche die Erreichung des Energiestandards unterstützen. Bis zu 2.000 Euro pro Quadratmeter bzw. gesamt maximal 30 Millionen Euro sind möglich.
[box type=“shadow“ align=““ class=““ width=““] DIE WIRTSCHAFT: Wie schätzen Sie die Lage der Kölner Wirtschaft auf dem Gebiet „nachhaltig bauen“ ein?[/box]
Monika Lepel: Köln darf mehr halten, was es verspricht. Die Kompetenzen hervorragender Planer sind regional durchaus präsent. Die Bereitschaft, Herausragendes umzusetzen, ist jedoch schwächer ausgeprägt als in anderen Metropolen. Die Stadt Köln selbst muss auch sichtbarer vorangehen und klare Zeichen in Nachhaltigkeit und Qualität setzen.
[box type=“shadow“ align=““ class=““ width=““] DIE WIRTSCHAFT: Welche weiteren Maßnahmen sind bei Lepel & Lepel für die Zukunft geplant, um klimaunschädliches Bauen noch weiter voranzutreiben?[/box]
Monika Lepel: Vielleicht illustriert der aktuelle Umgang mit unserer eigenen Materialbibliothek der Architektur und Innenarchitektur den Wandel ganz gut: Während wir in der Vergangenheit in unserer Materialbibliothek ressourcenschonende Materialien besonders gekennzeichnet haben, stellen wir nun auf rein klimaunschädliche sowie zertifizierte Materialien um. Eine besondere Kennzeichnung erhalten dann nur noch die Produkte, die dem nicht entsprechen – quasi als Giftschrank.
Bildquellen
- Monika und Reinhard Lepel denken und handeln in großen Zyklen.: copyright: Bettina Malik
- Im Büroloft Clouth 104 gilt: So viel Architektur wie möglich und so wenig individuelle Ausstattung wie nötig.: copyright: HG Esch
- Das Büroloft Clouth 104 in Köln-Nippes ist ein Vorzeigeprojekt für ressourcenschonendes Bauen und moderner Architektur.: copyright: HG Esch
- Monika Lepel: Köln darf mehr halten, was es verspricht.: copyright: Bettima Malik