[nextpage title=“Kölner Museumslandschaft“]
In Sachen Kultur ist Köln gut aufgestellt. Zehn städtische Museen bieten teils Kunst von Weltruf. Im Herzen der Stadt entsteht das MiQua.LVR-Jüdische Museum. Oper und Schauspiel begegnen Provisorien mit Professionalität. Und: Jede städtische Einrichtung findet in der freien Kulturszene ihr Pendant. Welche Bedeutung hat die Kölner Kultur als Wirtschaftsfaktor? Die Wirtschaft Köln hat aktuelle Zahlen und Fakten rund um die Kulturbetriebe zusammengestellt.
Der geplante Haushalt für die Kölner Kultur wird für das Jahr 2017 auf 181,5 Millionen Euro beziffert. Den größten Posten verbuchen dabei die Bühnen der Stadt Köln, die mit 67,8 Millionen mehr als ein Drittel des städtischen Kulturetats aus der Vergabetorte schneiden.
Fasst man die geplanten Etats für die Kölner Museen zusammen, so summieren sich die Einzelposten auf immerhin 45 Millionen Euro. Der „Star“ unter den Kunsttempeln der Stadt Köln ist dabei, wen wundert es, das Museum Ludwig mit seiner hervorragenden Sammlung moderner Kunst. Die wollten im vergangenen Jahr 231.080 Menschen bewundern. Nicht zu überbieten?
Institutionen | 2017 |
Kulturamt (freie Szene) | 10.187.571 Euro |
Puppenspiele | 2.385.669 Euro |
Stadtbibliothek | 15.723.623 Euro |
Historisches Archiv | 15.568.686 Euro |
Bühnen | 67.816.000 Euro |
Gürzenich-Orchester | 8.646.000 Euro |
Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud | 4.176.230 Euro |
Museum Ludwig | 14.366.127 Euro |
Römisch-Germanisches Museum | 5.604.727 Euro |
Rautenstrauch-Joest-Museum | 9.300.959 Euro |
Museum für Angewandte Kunst | 3.070.827 Euro |
Museum für Ostasiatische Kunst | 1.977.641 Euro |
Museum Schnütgen | 1.769.342 Euro |
Kölnisches Stadtmuseum | 2.697.255 Euro |
NS-Dokumentationszentrum | 2.164.930 Euro |
Museumsdienst | 2.206.571 Euro |
Kunst- und Museumsbibliothek | 2.867.270 Euro |
Stadtkonservator/-in, Amt f. Denkmalschutz u. -pflege | 2.872.099 Euro |
Archäologische Zone und Jüdisches Museum | 2.455.057 Euro |
Referat für Museumsangelegenheiten | 5.606.899 Euro |
Kulturetat 2017 | 181.463.484 Euro |
„Das touristische Jahr 2016 ist mit insgesamt 3,35 Millionen Gästeankünften und 5,8 Millionen Übernachtungen im Vergleich zum vorangegangenen Rekordjahr 2015 schwächer ausgefallen. Der Rückgang beläuft sich auf 2,9 Prozent bei den Ankünften sowie auf 3,5 Prozent bei den amtlich erfassten Hotelübernachtungen. Nach 15 Jahren, in denen sich die Übernachtungszahlen seit dem Jahr 2000 verdoppelt hatten, wirkten sich im vergangenen Jahr vielfältige mitunter globale Einflussfaktoren negativ auf die Tourismusentwicklung in Köln aus.“
Vorübergehende Schließungen einzelner Häuser aufgrund erforderlicher Sanierungsmaßnahmen verhinderten ein besseres Ergebnis.
Im vergangenen Jahr erwirtschafteten die städtischen Museen Einnahmen in Höhe von rund 11,2 Millionen Euro, so das vorläufige Jahresergebnis. Diese setzen sich überwiegend aus Eintrittsgeldern sowie Zuschüssen Dritter – hier insbesondere Bund und Land sowie Sponsorengelder – zusammen.
Nicht nur erforderliche Sanierungsmaßnahmen verhinderten ein besseres Ergebnis. Das in der Nähe des Neumarkts neu gebaute Rautenstrauch-Joest-Museum musste quasi schon saniert werden, bevor der erste Besucher durch die Völkerkundesammlung spazieren konnte. Nach der knapp bemessenen Planungsphase von 15 Jahren und der im Vergleich dazu schnellen Bauzeit von fünf Jahren sind Wasserschäden im Fotoarchiv, Mängel bei der Elektroinstallation, die schadhafte Glasfassade und Probleme bei der Sprinkleranlage Streitpunkte, mit denen sich inzwischen die Gerichte beschäftigen. Undichte Stellen im Sprinklersystem führten zum Einsatz von Brandwachen, eine Abteilung des Hauses musste vorübergehend geschlossen werden.
Die Bindung der öffentlichen Hand an das Vergaberecht, komplizierte und sehr zeitaufwendige Vergabeverfahren machen die Sache nicht leichter. Unternehmen mogeln sich mit gezielt zu niedrig angesetzten Angeboten ins Boot, machen sich unverzichtbar, um später Nachforderungen zu stellen, die den Kostenrahmen übersteigen.
Eine Schwierigkeit, die aus dieser Problemlage resultiert, ist der Umgang der öffentlichen Hand mit Schlechtleistungen von einzelnen Unternehmen. Anders als die Privatwirtschaft sieht die öffentliche Hand wegen Bedenken einer erneuten Ausschreibung und mühsamer Gerichtstermine meist von einer Kündigung der unzureichend arbeitenden Baufirmen ab. Hier ist eventuell Besserung in Sicht, denn der neue Chef der Allgemeinen Verwaltung, Dr. Stephan Keller, will mit schlampig arbeitenden Unternehmen Klartext reden.
Fleißig gewirkt wird auch bei den Bühnen der Stadt Köln. Deren Künstler und Mitarbeiter arbeiten unbeirrt mit Begeisterung und Engagement und bringen sich für die Kölner Kultur ein. Das Ensemble des Schauspiels geht dafür sogar in die „Grotte“. So nennt sich eines der Ausweichquartiere im ehemaligen Carlswerk in der Schanzenstraße.
Oper: | 99.799 |
Schauspiel: | 79.475 |
Tanz: | 7.519 |
Gesamtbesucherzahl: | 186.593 |
Als die älteste private Bühne in Köln bereichert das Theater der Keller seit 1955 die freie Kulturszene. Seinerzeit sollte es der avantgardistische Gegenentwurf zur „Hochkultur“ des Stadttheaters sein. Heute prägt zeitgenössische Dramatik mit politischer und gesellschaftlicher Relevanz das neue Konzept. Eigene Inszenierungen werden durch Lesungen, Diskussionen und Konzerte ergänzt. Das lockte im vergangenen Jahr 6.633 Zuschauer in die Kleingedankstraße. Wo sich Theaterleiter Heinz Simon Keller große Gedanken um einen neuen Standort macht. Denn der Mietvertrag läuft am 31.07.2017 aus.
„Comedy sollte mehr gefördert werden“
Seit 1981 gibt es das Atelier Theater in der Roonstraße. Das von Rosa K. Wirtz geleitete Haus mit zwei festen und zehn freien Mitarbeitern hat sich der Comedy verschrieben. Die Sommer-Reihe der Gratis-Comedy im Wirtzhaus wird regelmäßig mit einem kleinen Betrag aus dem Zehn-Millionen-Euro-Fördertopf des Kulturamts unterstützt. Die Chefin sieht Köln als eine Comedy-Stadt. „Dieses Genre der Kunst sollte gerade hier mehr gefördert werden – wird aber tatsächlich etwas ,stiefmütterlich‘ behandelt.“
Am 24.03.2017 feierte das TAS Theater am Sachsenring seinen 30. Geburtstag. Im vergangenen Jahr kamen 6.200 Zuschauer in die insgesamt 112 Vorstellungen. Unter der Leitung von Joe Knipp werden renommierte Autoren wie Ibsen, Canetti, Kafka, von Kleist, Ayckbourn und Reza inszeniert. Auch das TAS erhält für einzelne Produktionen geringe Zuschüsse aus der öffentlichen Hand. Viele Bühnen sind daher auf Spenden angewiesen oder haben eigene Fördervereine ins Leben gerufen.
Dafür fließen aus dem städtischen Kulturetat in diesem Jahr 10,2 Millionen Euro über das Kulturamt in die freie Szene – inklusive Personalkosten und weitere Aufwendungen. Das Budget wurde um eine Million Euro erhöht. Das legt die Vermutung nahe, dass in der Vergangenheit zu wenig für diese Klientel getan wurde. „Nein“, heißt es dazu aus den Reihen der Stadt. „Die freie Szene ist die zweite wichtige Säule der Kulturstadt Köln. Sie besteht aus vielen Künstlerinnen und Künstlern, freien Kulturmanagern und Kunstinstitutionen. Diese erhalten nicht durch Tarifsteigerungen regelmäßig mehr Gehalt. Dies funktioniert nur durch einen Anstieg der Zuschusssummen bei öffentlichen Förderungen. Eine Anhebung der Zuschusssummen konnte das Kulturdezernat zusammen mit dem Kulturamt durch den deutlichen Anstieg des Kulturetats nun in diesem Jahr umsetzen. Hier war es dem Kulturamt und dem Ausschuss für Kunst und Kultur besonders wichtig, bestehende Strukturen und Häuser, die der gesamten Szene als Veranstaltungsplattformen und Abspielorte dienen, zu stärken.“
Erschwingliche Probenräume für Musiker und Bands, günstige Ateliers für bildende Künstler und Fotografen, die Einsatzbereiche der Fördermittel sind vielseitig. Doch wer entscheidet letzten Endes, wohin das Geld fließt? Das läuft über Anträge, für alle Sparten gibt es Referenten. Gefördert werden sowohl Projekte als auch individuelle Ideen.
Friederike van Duiven, die gemeinsam mit Maria Spering und Dietmar Kobboldt den aktuellen SprecherInnenrat des Kulturnetz Köln bildet, sieht ganz neue Ansätze, damit ein Künstler nicht mehr brotlos bleibt.
„Bildende Künstler, die eine Ausstellung bestücken, am Ende aber nichts verkaufen, sollten über eine Honorarvereinbarung zumindest einen Grundstock legen können.“
Gefragt, wo Köln als Kulturstadt in zehn Jahren steht, kam vom Kulturdezernat folgende Antwort: „Köln ist eine internationale und multikulturelle Metropole und steht mit einer breit aufgestellten Kunst- und Kulturszene bereit, die Herausforderungen der Zukunft wie Inklusion, demografischer Wandel und die Situation einer Gesellschaft, geprägt auch durch flüchtende Menschen, programmatisch positiv anzugehen.“
Und weiter: „Mit dem Offenbachplatz (Oper/Schauspiel/Konzert) als einem künftigen Mittelpunkt für den kulturellen Austausch mit allen Teilen der Stadtgesellschaft, einer top positionierten Museumslandschaft, der erfolgreichen Philharmonie und der kreativen freien Szene als weitere Säule wird Köln in einem Jahrzehnt seinen Ruf als innovative Kulturstadt par excellence stark ausgebaut haben.“
Kultur ist einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren dieser Stadt. Medien- und Kreativwirtschaft bilden eine feste Größe und die Umwegrentabilität über Museumsbesucher (ca. 1 Mio. Menschen pro Jahr) und Kultur-Touristen im Hotel-, Gaststätten- und Shoppingsektor ist bedeutend.
Heribert Eiden
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