Im Kölner Agnesviertel, im urigen Hinterhof, in den Räumlichkeiten einer ehemaligen Kartonagenfabrik, treffen wir Moritz Over, Geschäftsführender Gesellschafter der OVERMEDIA GmbH, und Dominik Goetze, Leiter Mediaplanung und Mediaeinkauf, um mit den beiden über Mediaplanung für kleine und mittelständische Unternehmen zu sprechen sowie über die Herausforderungen, die der Wandel der Mediennutzung der Zielgruppen für eine inhabergeführte Mediaagentur mit sich bringen.
DIEWIRTSCHAFT: Zunächst einmal, was macht eigentlich eine Mediaagentur?
Moritz Over: Wir sind als Mediaagentur der letzte Baustein in der Kommunikation eines Werbetreibenden mit seiner Zielgruppe. Wir planen und verhandeln Werbeplätze für unsere Kunden und bringen die Werbebotschaften an die jeweiligen Zielgruppen. Dabei bedienen wir uns aller Mediagattungen und planen intermediale Kampagnen. Wir denken über den besagten Tellerrand hinaus und sind in der glücklichen Situation, dass wir unseren Kunden neben den klassischen und bekannten Werbemedien auch innovative und kreative Werbemöglichkeiten bieten.
DIEWIRTSCHAFT: Heißt, man bekommt alle Medien aus einer Hand?
Dominik Goetze: Ganz genau. Unsere Aufgabe ist es, den Überblick über den Media-Markt zu behalten, die Anbieter in allen Städten und Orten zu kennen, Medien auszusortieren und den besten Mediamix für das Budget unserer Kunden zusammenzustellen. Wir erstellen übersichtliche Mediapläne mit allen Timings und halten wichtige Deadlines im Blick. Wir koordinieren auch alle Nebenthemen, wie Kreation, Druck von Plakaten oder die Animation von Online-Bannern. Im Grunde sind wir wie ein Architekt beim Hausbau. Wir halten für den Bauherren alle Gewerke im Blick, vergleichen die Preise am Markt, kontrollieren die Ausführung und stellen den Erfolg des Vorhabens schlüsselfertig sicher.
DIEWIRTSCHAFT: Können sich diesen Service vor allem kleinere Unternehmen leisten?
Dominik Goetze: Ja, denn dieser Aspekt ist uns sehr wichtig. Wir wollen Werbung allen zugänglich machen. Im Mediageschäft ist es so, dass Vertriebsvergütungen bereits in den Mediapreisen der Anbieter kalkuliert sind. Demnach erhält der Kunde bei uns den gleichen Preis wie bei der direkten Anfrage beim Anbieter des Mediums. Daher wird die Mediabuchung über uns nicht teurer, nur übersichtlicher und mit lediglich einem Ansprechpartner für alle Belange vor allem deutlich einfacher. Unser größter Mehrwert ist, unseren Kunden erheblich Zeit einzusparen, sodass sie sich auf ihr jeweiliges Kerngeschäft konzentrieren können. Beratungsgespräche, Mediaanfragen und auch ein Mediaangebot sind bei uns zudem immer kostenfrei und unverbindlich. Große Kunden bekommen von den großen Agenturen super Service. Das wollten wir für kleine und mittelständische Kunden ebenfalls ermöglichen und haben damit unsere Nische gefunden. Bei uns sind Fotos der Kampagnen und umfassende Reportings Standard, wir fahren raus zu unseren Kunden für Beratungsgespräche und sind immer erreichbar und aussagefähig.
Problemlöser für den Gesamtprozess
DIEWIRTSCHAFT: Erstellen Sie für Ihre Kunden auch die Motive passend zu den gebuchten Medien?
Moritz Over: Wir sind keine Kreativagentur, die komplette Layoutserien oder formatübergreifende Grafikleistungen erstellt. Für unsere Kunden haben wir aber einen freien Grafiker, der Anzeigen gestaltet, Online-Banner programmiert oder auch Plakate druckfertig anlegt. So scheitert es auch gerade bei kleinen Unternehmen nicht daran, dass man noch eine Kreativagentur beauftragen und bezahlen muss.
Grundsätzlich bemühen wir uns, unsere Kunden in den vor- und nachgelagerten Prozessen rund um die Werbekampagne zu begleiten und immer einen weiterführenden Kontakt für eine Empfehlung zur Hand zu haben. Sei es eine passende Marketing-/Strategieagentur, eine PR-Agentur oder einen Social-Media Manager. Unser Netzwerk ist groß und wir sehen uns als Problemlöser für den Gesamtprozess.
DIEWIRTSCHAFT: Ihr Team hat neun Mitarbeiter. Wie kann man da auf allen Medien und Anbietern den Überblick behalten?
Moritz Over: Wir haben professionelle Planungs- und Einkaufstools, die uns die Arbeit erheblich erleichtern und uns Überblick über den Markt ermöglichen. Wir arbeiten bspw. mit einer eigenen DSP (Demand-Side-Platform) für den Einkauf von Online-, Audio- und Digital-out-of-Home-Kampagnen und können damit sehr genaue Zielgruppenansprachen ermöglichen. Wir haben ebenfalls ein Tool, mit dem wir alle Plakatstellen und die entsprechenden Verfügbarkeiten aller Anbieter in allen Orten Deutschlands abfragen, planen und buchen können. Dennoch sind wir uns bewusst, dass niemand überall der Beste sein kann. Aus diesem Grund haben wir über die Jahre ein großes Netzwerk an Spezialisten in verschiedenen Bereichen aufgebaut, mit denen wir je nach Anforderung zusammenarbeiten. Auch halten wir einen engen Draht zu den Mediaberatern und Anbietern der einzelnen Medien, um bspw. im Printbereich auch immer passende Themenumfelder und Anzeigenformate im Blick zu behalten.
DIEWIRTSCHAFT: Die Mediennutzung verändert sich, alles wird schneller und digitaler. Merken Sie das in der Mediaplanung?
Dominik Goetze: Die Medien, über die wir die Zielgruppen unserer Kunden erreichen, verändern sich stetig. Mal schneller, mal langsamer, das war früher auch schon so, allerdings nicht in dem Tempo, wie derzeit die Digitalisierung voranschreitet und sich das Nutzungsverhalten bestimmter Zielgruppen verändert. War vor fünf Jahren noch jede sechste bis achte Kampagne aus unserem Hause mit Online-Media-Anteil, ist es heute mindestens jede zweite. Ebenso wandelt sich die Außenwerbewelt zunehmend weg vom geklebten Plakat, hin zum digitalen Screen. Das macht die Vorlaufzeiten deutlich geringer, weil nichts mehr gedruckt und verschickt werden muss, sorgt aber häufig auch für kurzfristige Anfragen und entsprechend schnelle Reaktionszeiten auf unserer Seite. Wir investieren stetig in neue Technologien und die Schulung unserer Mitarbeiter, beispielsweise zum Thema Einkauf von Online- und Digital-out-of-Home-Medien über die eigene DSP, und stehen im engen Austausch mit den Mediaanbietern, um immer am Puls der Zeit zu sein. Durch unseren direkten Zugang zu den digitalen Anbietern über die DSP sind wir sehr schnell und haben eine hohe Preistransparenz. Wir können mittlerweile Kampagnen innerhalb von zwei Tagen für unsere Kunden realisieren.
Viele klassische etablierte Medien im Mediamix
DIEWIRTSCHAFT: Sind die klassischen Medien damit in Ihren Mediaplänen weniger relevant?
Dominik Goetze: Im Gegenteil. Durch die Digitalisierung kannibalisieren sich einige Medien, was sicherlich gerade der Printbereich zu spüren bekommt. Manche Tageszeitungen und Magazine verschwinden oder verlagern ihr Angebot auf Onlineplattformen. Die Titel, die sich aber behaupten und durchsetzen, bündeln die jeweiligen Zielgruppen noch stärker als zuvor auf deren Themen- und Interessenfeldern, was die Schaltung in einem dieser Printtitel für uns – je nach zu erreichender Zielgruppe – noch interessanter und effektiver macht. Wir haben in unserem Mediamix viele klassische etablierte Medien, die gerne belegt werden, weil sie funktionieren. Es gibt auch genügend Online-Medien, die zwischenzeitig wieder uninteressant oder unwirtschaftlich werden. Das ist keine Entwicklung, die sich rein auf klassische Medien auswirkt.
DIEWIRTSCHAFT: Bekommen Sie für Ihren Bereich geeignetes Personal oder leiden Sie ebenfalls unter dem viel zitierten Fachkräftemangel?
Moritz Over: Wir sind Spezialisten für einen sehr spitzen Bereich in der Werbe-Wertschöpfungskette. Da genau den Mediaplaner zu finden, der nicht nur auf eine Mediagattung fixiert ist, oder die Beraterin, die ein übergreifendes Medienverständnis hat und zu allen Medien beraten kann, ist immer eine Herausforderung. Daher haben wir früh angefangen, selbst auszubilden, und gehen bald schon ins zehnte Jahr, in welchem wir Kaufleute für Marketingkommunikation und Kaufleute für Büromanagement ausbilden und nach erfolgreicher Ausbildung auch sehr gerne übernehmen. Drei unserer festen Mitarbeiter kommen aus eigener Ausbildung.
DIEWIRTSCHAFT: Was erwarten Sie für das Jahr 2024?
Moritz Over: Nach der Coronapandemie sind die Vorlaufzeiten für Mediaplanungen und Kampagnenbuchungen immer weiter geschrumpft. Werbetreibende trauen sich nur langsam wieder, eine Jahreskampagne auch mal langfristig einzubuchen. Das ist schade, weil es uns die Grundlage entzieht, für den Kunden höhere Rabatte durch mehr Volumen zu verhandeln. Wir hoffen und sehen aber bereits jetzt, dass die Planungsbereitschaft zurückkommt und unsere Kunden mit uns wieder langfristigere und aufeinander aufbauende Kampagnen planen und umsetzen.
(Eugen Weis)