Wenn die Kunden zugleich die Eigentümer ihrer Bank sind, bedeutet dies eine wesentlich höhere Verpflichtung des Vorstandes. Bei der Volksbank Köln Bonn eG will man in jedem Fall nah am Kunden bleiben und ihn persönlich beraten.
Die Wirtschaft: Herr Neutgens, könnten Sie unseren Lesern zum Einstieg Ihren Werdegang schildern?
Jürgen Neutgens: Ich bin 2009 zur Kölner Bank gekommen, habe aber ursprünglich bei der Dresdner Bank gelernt. 2003 bin ich zur damaligen Fortis Bank gewechselt, bei der ich das Mittelständische-Firmenkunden-Geschäft übernommen habe. Bei der Kölner Bank war ich dann fünf Jahre lang Bereichsleiter für das Kreditgeschäft und anschließend ab 2015 dann für den gehobenen Vertrieb Firmenkunden und das Private-Banking-Geschäft zuständig. Im Folgenden habe ich in 2017 die Fusion von Kölner Bank und Volksbank Bonn Rhein-Sieg geleitet. Seit 2018 bin ich Mitglied des Vorstandes der Volksbank Köln Bonn eG.
Die Wirtschaft: Wie positioniert sich die Volksbank Köln Bonn in der viertgrößten Stadt des Landes?
Jürgen Neutgens: Wir sind eine Genossenschaftsbank, bei der Kundinnen und Kunden gleichzeitig unsere Mitglieder, also unsere Eigentümer, sind. Die Mitglieder üben unmittelbaren Einfluss auf das Bankgeschehen aus, indem sie zum Beispiel aus den 114.000 Mitgliedern die sogenannte Vertreterversammlung wählen. Diese kommt jährlich zusammen und entlastet u. a. den Vorstand und Aufsichtsrat. Das unterscheidet uns insbesondere von den großen privaten Banken, die zum Teil von institutionellen Aktionärsstrukturen getrieben werden, aber auch von den Sparkassen. Dass die Kundinnen und Kunden Eigentümer der Bank sind, bedeutet eine wesentlich höhere Verpflichtung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für den gesamten Vorstand. Abgeleitet aus der Genossenschaftsidee steht die Förderung des Mitgliedes im täglichen Handeln im Vordergrund. Das ist die erste Mission, die wir verfolgen.
Wichtig ist es für uns aber auch, mehr Flexibilität und Schnelligkeit an den Tag legen zu können. Im Vergleich zu den großen Banken hier im regionalen Umfeld können wir so eine ganz andere Spürbarkeit bei unseren Kunden entwickeln.
Die Wirtschaft: Durch die Finanzkrise 2008/2009 wurde das weltweite Bankensystem erschüttert. Systemrelevanten Banken drohte sogar die Pleite. Würden Sie sagen, die Volksbank Köln Bonn ist ein Gewinner dieser Finanzkrise?
Jürgen Neutgens: Das kann ich mit einem klaren Ja beantworten. Ich war zu dieser Zeit bei der Fortis Bank. Die ist damals aufgrund zu großer, internationaler Risiken sehr schnell in Holland, Belgien und auch Luxemburg verstaatlicht worden. Vergleichbare Risiken gab es insbesondere aufgrund der regionalen Ausrichtung bei der Volksbank nicht.
Die Wirtschaft: Trotz der Nähe zwischen Köln und Bonn gingen mit der Fusion auch kulturelle Herausforderungen einher?
Jürgen Neutgens: Ja, das mag man gar nicht glauben. Aber selbst zwischen Köln, Bonn und in dem Rhein-Sieg-Kreis bestehen Mentalitätsunterschiede. Auch dadurch wurde die Fusion wie auch bei anderen Häusern zu einem langfristigen Prozess.
Die Wirtschaft: Was konnten Sie durch die Fusion erreichen, was ohne diese unerreichbar gewesen wäre?
Jürgen Neutgens: Wir haben uns als ein gemeinsames, noch stärkeres Haus den strategischen Herausforderungen der Zeit noch besser stellen können. Seien es die Investitionen in die Digitalisierung, die komplexeren Beratungen der Kunden oder auch die regulatorischen Anforderungen sowie verbraucherschutzrechtlichen Vorgaben – um all das zu bewältigen, hat uns die neue Größe der Volksbank Köln Bonn mit dem gebündelten Know-how der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutlich nach vorne gebracht.
Die Wirtschaft: Neben der Pandemie ist vor allem durch den Krieg in der Ukraine das gesamte Wirtschaftssystem in Europa und der Welt unter massivem Druck. Diesen Druck verspüren Ihre Kunden und er schlägt ja auch auf Ihre Bank nieder.
Jürgen Neutgens: In der Pandemie konnten wir sehr schnell, flexibel und unkompliziert helfen, was unsere Kunden positiv aufgenommen haben. Wir begleiten den kleinen und großen Mittelstand in der Region und konnten zum Beispiel über KfW-Förderkredite, die vom Bund zur Verfügung gestellt werden, sehr schnell, flexibel und unkompliziert helfen. Im Kreise unserer Kundschaft sind zum Glück nur sehr wenige in die Schieflage gerutscht. Es gab viele Kunden, die durchgehalten haben und mit kleinen Einbußen ihr Business fortführen können. Es gab aber auch die großen Gewinner, die von der Gesamtsituation profitiert haben. Hier spiegelt sich die große Branchen-Bandbreite unserer Kundschaft wider. Insgesamt haben wir die Pandemie besser überstanden als gedacht. Als Bank haben wir viel höhere Risiken einkalkuliert, als sich letztlich bisher bestätigt haben.
Vieles tut sich aktuell im Immobiliensektor. Seitdem ich bei der Kölner Bank war, ging es auf dem Immobilienmarkt immer nur in eine Richtung: nach oben. Wir sprechen von zwölf Jahren, in denen Banken massiv von Finanzierungsmöglichkeiten profitierten, insbesondere hier bei uns in der Region. Wir konnten im Immobiliensektor neue Kunden gewinnen und unser Geschäft ausbauen. Aktuell werden viele Projekte gar nicht mehr angefangen. Wir sehen auch einen Rückgang in den Kreditanfragen. Unsere Kundinnen und Kunden sind vorsichtiger geworden. Das gehört eben auch zum Geschäft.
Natürlich spüren auch wir die inflationsgetriebenen Kosten. Eine unserer Stärken, die große Präsenz in der Fläche, bedeutet nun, dass wir viel zu heizenden Raum haben. Solche Auswirkungen machen sich auch bei uns bemerkbar.
Die Wirtschaft: Wie bewerten Sie die europäische Zinspolitik und -entwicklung? Auf der einen Seite gibt es wieder Zinsen fürs Geld. Andererseits sind steigende Zinsen Gift für langfristige Finanzierungen. Wie managen Sie dieses Risiko?
Jürgen Neutgens: Wir haben unsere Kunden im Wesentlichen mit Festzinskrediten bedient. Das heißt, sie haben zu einem sehr hohen Anteil noch eine klare Planungssicherheit, zumindest für die nächsten Jahre. Dann wird es im Einzelfall darauf ankommen, wie sich das Zinsniveau in den nächsten Jahren entwickeln wird.
Die Wirtschaft: Rechnen Sie bei der aktuellen Zinsphase mit Kreditausfällen und wenn ja, in welchem Rahmen und in welcher Höhe voraussichtlich?
Jürgen Neutgens: Wir rechnen in der Tat damit, dass Kunden aufgrund der gestiegenen Zinsen Anschlussfinanzierungen oder gerade variable Finanzierungen weniger gut bedienen können. Es ist nicht nur die Zinslast, die drückt, sondern auch die gestiegenen Lebenshaltungskosten. Ein zentrales Thema für Privatkunden ist der Anstieg der Energiekosten. Wir rechnen aber nicht damit, dass es eine Dimension erreicht, die für unsere Bank schwierig sein wird. Wir haben passende Lösungen für unsere Kundinnen und Kunden, damit sie durch diese Zeiten kommen. Unsere Kreditvergabepolitik in den vergangenen Jahren haben wir immer danach ausgerichtet, dass es zu einem solchen Zinsanstieg kommen könnte. Es zeigt sich jetzt, dass wir im Sinne des Kunden damit gut gefahren sind und wir positiv gestimmt sind.
Die Wirtschaft: Formulieren Sie doch mal bitte in einem Satz, warum ein Leser unseres Wirtschaftsmagazins Kunde der Volksbank Köln Bonn werden soll.
Jürgen Neutgens: Es gibt drei wesentliche Gründe, die für die Volksbank Köln Bonn sprechen: die Nähe zum Kunden, die Fachkompetenz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie insbesondere die Menschlichkeit. Zukünftig wird der Unterschied der Banken im persönlichen Kontakt liegen. Die dahinterliegende Dienstleistung wird den Unterschied nicht immer im Detail ausmachen. Die Identifikation mit der Region und den Kundinnen und Kunden kommt von Herzen. Wir sind halt von Herzen rheinisch. Hinzu kommt, dass unsere Kundinnen und Kunden Mitglieder der Volksbank Köln Bonn sind. Damit sind sie Eigentümer, und das ist eine ganz andere Verpflichtung unseren Kunden gegenüber als bei einer Sparkasse oder einer Großbank.
Die Wirtschaft: Stichwort Green Washing: Wie gehen Sie vor, wenn Kunden in diverse Papiere investieren möchten?
Jürgen Neutgens: Auch hier greift unser Genossenschaftsgedanke. Was einer allein nicht schafft, das schaffen viele gemeinsam. Wir stützen uns hierbei vor allen Dingen auf die geballte Kompetenz des Finanzverbundes. Insbesondere unsere starke DZ Bank sowie unsere herausragende Union Investment bieten uns und damit unseren Kunden eine sehr hohe Produktkompetenz, auf die wir alle sehr vertrauen können. Wir bieten nur Produkte an, bei denen wir wissen, dass Green Washing kein Thema ist. Wir beraten die Kunden nur dahin gehend, was wir selbst verstehen und erklären können.
Die Wirtschaft: Wie hat sich im Laufe der Jahre der typische Bankkunde auf der Suche nach Alternativen geändert? Wo sind Sie noch Ansprechpartner und wo nicht?
Jürgen Neutgens: Der Kunde an sich hat sich originär nicht geändert. Der Kunde ist selbstverständlich in der heutigen Welt deutlich informierter und aufgeklärter. Das fordert von den Banken einen noch höheren Anspruch an die Beratungsleistung. Ich bin überzeugt, dass das persönliche Gespräch mit unseren Kunden unverändert das i-Tüpfelchen ausmacht – trotz aller Möglichkeiten der Digitalisierung. Solange wir die Möglichkeit vom Kunden erhalten, möchten wir auch persönlich beraten. Den Kunden, die gerne direkt und online Abschlüsse tätigen möchten, bieten wir natürlich entsprechende Kanäle an. Jeder kommt auf dem Weg zu uns, wie es für ihn am bequemsten ist.
(Eugen Weis & Heribert Eiden)
Bildquellen
- Köln: Bild von S. Hermann / F. Richter auf Pixabay