Der Immobilienexperte über die Situation am Kölner Gewerbeimmobilienmarkt, den Umgang mit der Bastei vor seiner Bürotür und die Mitgliedschaft bei den Familienunternehmern.
DIE WIRTSCHAFT: Herr Mortag, blicken wir zurück auf 2022 – für die Immobilienbranche ein gutes Jahr oder besser drüber hinwegsehen?
Uwe Mortag: Ich würde es so formulieren, dass es für die Branche das herausforderndste der letzten 15 Jahre war. In keinem Jahr gab es so viele Veränderungen, welche den Immobilienmarkt betrafen. Am Transaktionsmarkt, also dem Verkauf von Immobilien, hat das sich schnell verändernde Zinsniveau (von fast null auf über vier Prozent) zu einer Lähmung des Marktes geführt. Die Gesamtkosten eines Immobilienankaufs sind damit deutlich gestiegen.
Im Bereich des Vermietungsmarktes spielen Pandemie-Auswirkungen, Homeoffice, ESG/Nachhaltigkeit und der Arbeitnehmermarkt eine große Rolle. Die Unternehmen beschäftigen sich sehr intensiv mit diesen Themen und verändern entsprechend ihren Bürobedarf – in unterschiedlichsten Ausprägungen. Die beste Büroqualität setzt sich zukünftig immer mehr durch und veraltete Bürogebäude werden immer weiter verlieren. Eigene Nachhaltigkeitsverpflichtungen auf Mieterseite prägen immer mehr die Anforderungsprofile der Bürosuchenden.
Also in Summe ein Jahr voller Veränderungen und Herausforderungen. Die Immobilienunternehmer sind nun gefragt, ihre Firmen entsprechend für die Trendwende zu verändern.
DIE WIRTSCHAFT: Was waren die Highlights in Sachen Büroflächenvermietung?
Uwe Mortag: Mein persönliches Highlight war 2022 die Beratung des Headquarters von Renault Deutschland. Das Unternehmen saß seit 1961 in Brühl und hat sich entschieden, einen kompetitiven Standort in Köln unter New-Work-Gesichtspunkten anzumieten. Das Projekt war intensiv und das Ergebnis in der Kölner Schanzenstraße absolut zukunftsfähig. Darüber hinaus sind für uns alle Kunden spannend. Wir erleben alle Branchen, Ausprägungen und unterschiedlichste Anforderungsprofile.
DIE WIRTSCHAFT: Inwieweit hatte Corona noch Einfluss auf das Ergebnis, eigentlich müsste ja vermehrtes Homeoffice dazu führen, dass Unternehmen sich von Teilen ihrer Räumlichkeiten trennen?
Uwe Mortag: Die Auswirkungen der Pandemie spüren wir besonders mit dem Jahreswechsel 2023. Die meisten Unternehmen haben ihre Post-Corona-Analysen durchgeführt und ihren eigenen Bedarf überprüft sowie die Mitarbeiter in die Überlegungen mit einbezogen. Ergebnis: höherer nachhaltiger Homeoffice-Anteil, welcher sich nun auch in geringeren Bedarfen an Büros widerspiegelt. Das Spannungsfeld: Die ersten Mitarbeitergruppen strömen von selbst wieder ins Büro. Vermehrt aus dem Grund, dass das eigene private Umfeld keine adäquate Arbeitsumgebung bietet und die eigene Veränderung dieser Situation im heutigen Wohnungsmarkt nicht möglich ist. Darüber hinaus gibt es immer mehr junge Menschen, die ihr soziales Umfeld nicht zu Hause finden, sondern Kommunikation im Büro ausleben wollen.
DIE WIRTSCHAFT: Wie steht Köln im bundesweiten Vergleich da?
Uwe Mortag: Im bundesweiten Vergleich bietet Köln seit eh und je einen sehr stabilen Büroimmobilienmarkt. Die breite Branchendurchmischung bietet keine großen Peaks nach oben, wie etwa der Finanzmarkt in Frankfurt. Dafür fällt der Markt aber auch nicht so stark wie in anderen Märkten. In den letzten 15 Jahren ist dieser konstant gestiegen und die Vermietungsvolumina liegen durchschnittlich bei 290.000 Quadratmetern. Die Durchschnittsmiete ist mittlerweile auf knapp 18 Euro je Quadratmeter gestiegen. 2013 lag die noch bei knapp 12 Euro je Quadratmeter.
DIE WIRTSCHAFT: Das erste Drittel des Jahres ist auch schon Vergangenheit. Inwieweit sind Ihre Erwartungen erfüllt worden – oder eben in welchen Beziehungen auch nicht?
Uwe Mortag: Die ersten vier Monate sind „leider“ voll in den Erwartungen geblieben. Wir haben bereits vorhersehen können, dass der Vorjahresvergleich im Bereich Bürovermietung und Gewerbe-Investments deutlich hinterherhängen wird. Im Bereich der Bürovermietung verzeichneten wir ein außergewöhnlich starkes erstes Quartal 2022 durch einige Megavermietungen an die öffentliche Hand. Diese haben sich 2023 bisher noch nicht eingestellt. Im Bereich Immobilienverkauf hat sich das deutlich gestiegene Zinsniveau bisher nicht wieder deutlich abgesenkt, was den Transaktionsmarkt aktuell zum Erliegen bringt. Erste Preiskorrekturen sind zu verzeichnen, diese reichen aber bisher noch nicht aus. Darüber hinaus sind die Käufer derzeit zurückhaltend, da gerade das Zinsniveau, aber auch Anforderungen an ESG und Baukosten skeptisch beobachtet werden. Diese Vorzeichen gab es bereits Ende 2022, sodass die Erwartungen für den Jahresstart 2023 bereits gesenkt wurden.
DIE WIRTSCHAFT: Kann man die Entwicklung dieses ersten Quartals für den Jahresrest fortschreiben oder rechnen Sie mit gravierenden Verschiebungen – in welche Richtung auch immer?
Uwe Mortag: Im Bereich der Bürovermietung erwarten wir weiterhin einen lebhaften Markt, allerdings mit langsamen Entscheidungswegen. Der Kölner Büroflächenmarkt wird weiterhin gut funktionieren, da wir immer noch einen niedrigen Leerstand von ca. drei Prozent haben. Im Bereich Investment erwarten wir eine Trendwende bis Ende 2023. Die Ergebnisse daraus werden aber erst Anfang 2024 sichtbar werden.
DIE WIRTSCHAFT: Welche wichtigen Projekte werden 2023 noch fertiggestellt und bringen Schwung in den Kölner Gewerbe-Immobilienmarkt?
Uwe Mortag: In 2023 ist für uns das Highlight das Kite Loft am Butzweilerhof. Das Gebäude konnten wir mit der Landmarken AG gestalten und befinden uns derzeit in der aktiven Vermarktung. Im Vorfeld konnten wir bereits die ersten drei Bauabschnitte des Kite vollvermieten. Die hochwertige Ausstattung nach New-Work-Kriterien und der moderate Mietpreis bieten eine sehr gute Ausgangsbasis für die zukünftigen Mieter. Von der großen Dachterrasse mit Domblick einmal abgesehen.
DIE WIRTSCHAFT: Eine Frage nebenbei: Wir sind hier ja nur ca. 100 Meter von der Bastei entfernt. Dem Gebäude droht der Abriss, die Stadt hat das Denkmal verkommen lassen.
Uwe Mortag: Eine Katastrophe. Uns Immobilisten blutet jeden Tag das Herz beim Blick auf das Gebäude. Ich würde hier von einem Versagen der Politik sprechen. Die zuletzt vorgelegten und veröffentlichten Pläne privater Investoren wären aus meiner Sicht eine sehr gute Chance und würden wir befürworten. Köln braucht mehr solche Leuchtturmprojekte, um im internationalen Vergleich bestehen zu können. Die Bastei wäre für mich eine solche Chance. Darüber hinaus muss die Politik mutiger in der Architektur werden. Städte wie Wien machen dies vor und ziehen Unternehmen und Touristen damit nachhaltig an. Nur auf den Kranhäusern kann sich die Stadt Köln nicht ewig ausruhen.
DIE WIRTSCHAFT: Was wäre Ihre Idee für eine Nutzung, die den Bürgern der Stadt zugutekäme?
Uwe Mortag: Die Bastei sollte ein öffentlich zugänglicher Ort werden. Ob Restaurant, Veranstaltungsetage oder Galerie für Kunst, wäre aus meiner Sicht egal. Hauptsache, das Gebäude wird einer attraktiven Nutzung zugeführt und bildet den glänzenden Abschluss des Kölner Rings. Der Theodor-Heuss-Ring hat sich in den letzten Jahren hervorragend entwickelt und bietet daher die richtige Basis.
DIE WIRTSCHAFT: Ihr Unternehmen ist auch Mitglied bei den Familienunternehmern. Seit wann haben Sie sich in diesem Umfeld engagiert?
Uwe Mortag: Ich bin mit Larbig & Mortag seit 2009 Mitglied. Ich war über lange Jahre hinweg Vorstandsmitglied des Regionalkreises Nordrhein, zeitweise auch in der Funktion als Vorstandsvorsitzender.
DIE WIRTSCHAFT: Was schätzen Sie besonders an dem Verein?
Uwe Mortag: Ich bin bis heute den Familienunternehmern e. V. verbunden, da er mir als Unternehmer eine politische Interessenvertretung bietet und einen unternehmerischen Austausch fördert. Darüber hinaus sind die Regionalkreise sehr gut geführt und bieten ein breites Netzwerk auf vertrauensvoller Ebene und gute Veranstaltungen.
DIE WIRTSCHAFT: Welche Veranstaltung fanden Sie besonders gelungen – und warum?
Uwe Mortag: Ich finde die Familienunternehmertage bzw. die Unternehmertage der jungen Unternehmer als zentrale Veranstaltung in Deutschland sehr gut. Hier gibt es eine breite Austauschplattform, interessante und wichtige Fachvorträge sowie die Netzwerkplattform. Darüber hinaus sind die lokalen Veranstaltungen ein erheblicher Mehrwert für jedes einzelne Mitglied in der Region.
(Interview: Heribert Eiden)
Bildquellen
Startups stehen meist für Kreativität und innovative Lösungen. Sie betrachten Dinge häufig aus einer anderen…
Firmenverkäufe sind zwar nichts Ungewöhnliches, bedürfen jedoch der sehr sorgfältigen Planung und Vorbereitung einer spezialisierten…
Was für Schauspieler der Oscar und für Musikschaffende der Grammy, ist für Unternehmer der Stevie…
Unternehmen sind heute vor dem Hintergrund steigender wirtschaftlicher Unsicherheiten und wachsender Anforderungen hinsichtlich Flexibilität und…
Oftmals besteht für die Vertragsparteien von großvolumigen oder internationalen Handelsgeschäften ein gesteigertes Interesse an der…
Wir leben in bewegten Zeiten – in Zeiten, die im Fluss sind. Und genau darum…
Mit der Nutzung unseres Online-Angebotes erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Informationen zum Datenschutz finden Sie auf unserem Impressum und in der Datenschutzerklärung.